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Konfliktmanagementsysteme (KMS) für Führungskräfte und Personalleiter:innen

Konflikte sind Bestandteil unseres Lebens, auch in der Arbeit. Führende mittelständische Unternehmen, wie zum Beispiel die Dr. Rettler Service GmbH, oder auch Großunternehmen, wie die Deutsche Bahn AG, sprechen sich für eine Unternehmenskultur aus, welche Konflikte nicht unter den Tisch kehrt, sondern befürwortet. Frau Rettler, Geschäftsführung der Dr. Rettler Service GmbH nimmt sich dankenswerterweise die Zeit für uns, diese Leitlinie persönlich zu erläutern:

„Unser Kapital ist der Mensch und in dem Fall der Mitarbeiter. Gerade in der aktuellen Zeit, in der Personalknappheit herrscht, finde ich es wichtig, Mitarbeitern einen Raum für Ihre Themen zugeben. Jeder Mensch ist wichtig und jede Meinung ist wichtig. Wir leben einen offenen, transparenten Umgang und lösen selbst kleine Konflikte konstruktiv, damit sie nicht zu großen Problemen werden.“

 

Für gewöhnlich ist die Zeit einer Führungskraft stark eingeschränkt. Eine ehrliche, nüchterne Evaluierung der Aufgabenlast einer solchen erklärt, weshalb Konflikte mit und zwischen Angestellten ggf. nicht der oberste Tagesordnungspunkt einer Leitungskraft sind. Glücklicherweise gibt es dafür Konfliktmanagementsysteme (KMS), die einerseits entlasten und andererseits einen professionellen Umgang mit Konflikten schaffen.

 

Ein klassisches System ist der Konflikt-Briefkasten. Verständlicherweise sollte er nicht auf einem Durchgangsweg liegen oder schlimmer, videoüberwacht sein. Der oder die Mitarbeitende soll anonym und geschützt sein oder ihr Anliegen äußern können. Damit die Mitarbeitenden dieses Angebot wahr- bzw. ernstnehmen, empfehle ich, den Briefkasten in einem festen Turnus, beispielsweise einmal pro Monat, zu leeren. Dies empfehle ich, weil das beste KMS nicht funktionieren kann, wenn innerhalb des Unternehmens keine Konfliktkultur von oben vorgelebt wird. Umgangssprachlich würde ich sagen: „Der Fisch stinkt vom Kopf“. Genau genommen ist das — das fehlende Vorleben einer Konfliktkultur — bereits ein Konfliktherd, welcher wertvolle Fachkräfte kosten kann.

 

Gleichzeitig gibt es für ein gutes KMS noch weitere Details zu beachten. Zum Beispiel können für den Briefkasten Vordrucke erstellt werden. Konkret bietet es sich an, Nutzer:innen ausfüllen zu lassen, ob er oder sie das Thema anonym auf dem nächsten Meeting oder lieber in einem geschützten Rahmen besprechen möchte.  Vielleicht eilt das Thema auch oder unterliegt einer Deadline. Eventuell wünscht sich der oder die Schreibende eine dritte unabhängige Person bei der Behandlung des Konflikts. Hier gibt es individuelle, auf Ihr Unternehmen zugeschnittene Formate.

 

Bei der Leerung des Briefkastens ist dringend davon abzuraten, dem eigenen Gefühl „Das kommt bestimmt von …“ nachzugehen. Auch bei positiven Gefühlen ist Vorsicht angeraten, denn genauso schnell, wie es zu einer Benachteiligung einer Person kommen kann, kann es zu einer Übervorteilung kommen. Falls Sie sich die Kosten für eine externe Mediation sparen möchten, wählen Sie für die Bearbeitung der eingereichten Konfliktblätter bitte eine Person innerhalb Ihres Unternehmens, welche respektiert und einfühlsam ist. Im Optimalfall hat diese Person bereits Erfahrung  mit der Bewältigung von Konflikten. Für den Fall, dass diese Person wirklich im gesamten Unternehmen angesehen ist und ein gewisses Standing hat, können Sie auf den Briefkasten verzichten, indem Sie klar und deutlich kommunizieren, dass diese Person Ansprechpartner:in für Dispute innerhalb des Unternehmens ist. Dies können Sie mit einem eigenen Büro und festen Sprechzeiten für genau diese Belange ankündigen.

 

Meinen eigenen Berufsstand schützend, will ich Sie zumindest auf die folgenden Gefahren einer rein internen Konfliktbearbeitung hinweisen. Eigeninteressen hinsichtlich persönlicher Karriereambitionen als auch Vorgaben und Beziehungsgeflechte innerhalb der Unternehmenshierarchie können bestehen, welche den Prozess stören und vereiteln können. Zum Beispiel wird die Offenlegung romantischer Gefühle für eine Vorgesetzte oder einen Vorgesetzten in einem innerbetrieblich geführten Konfliktgespräch eher nicht stattfinden. Es ist nicht zu unterschätzen, wie häufig unerwiderte Gefühle die Ursache für Konflikte am Arbeitsplatz sind.

 

Der mechanische Briefkasten kann auch durch eine digitale Lösung weiterentwickelt werden. Hier können die Mitarbeitenden von ihren Computern aus auf den Konfliktbriefkasten zugreifen und online ein Formular einreichen. Zu überlegen ist in diesem Kontext die Auslagerung eines solchen Systems an ein vertrautes IT-Unternehmen, um maximale Anonymität zu gewährleisten. Ebenso ist durch den Wegfall der Briefkasten-Leerung eine schnellere Bearbeitung des Konflikts möglich.

 

Ein in meinen Augen eher mit Nachteilen verbundenes KMS, wie es in manchen Unternehmen genutzt wird, ist die Verwendung von Umfragetools, wie z. B. Mentimeter. Diese Tools werden eingesetzt, um zu Beginn oder am Ende eines Meetings eine Umfrage hinsichtlich möglicher Herausforderungen innerhalb des Unternehmens abzufragen. Zunächst will ich wertschätzend anerkennen, wenn Führungskräfte sich über Konflikte innerhalb ihres Unternehmens bewusst sind — dicken Applaus! Zudem ist die Umfrage anonym und erfüllt damit eine zentrale Komponente eines KMS. Auch lädt sie Mitarbeitende ein, ihr Unwohlsein zu äußern. Gleichzeitig stelle ich es mir anspruchsvoll vor, ad hoc, ruhig und konstruktiv auf mögliche Vorwürfe zu reagieren. Daneben besteht die Gefahr, die Arbeitszeit von Unbeteiligten unnötig zu beanspruchen oder den Konflikt aufgrund der Kürze der Zeit nicht an seiner Wurzel zu lösen. Letzteres ist beispielsweise daran erkennbar, dass Anliegen des gleichen Themas wiederholt in Besrechungen eingebracht werden.

 

Für welches KMS Sie sich auch entscheiden, entscheidend für den Erfolg des KMS ist nicht die Art des KMS, sondern Ihre Geisteshaltung, mit welcher Sie hinter einer nachhaltigen Konfliktkultur stehen. Sowohl Ihre Angestellten als auch Ihre Jahresbilanz werden es Ihnen langfristig danken!

 

Sie haben noch Fragen? Kontaktieren Sie mich gerne unter HOUSE OF MEDIATION!

Felix-Alexander Seiterle
request@houseofmediation.de

 

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