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Robin Gettup fragt:Tragen Sie eigentlich auch schon diese Isolatoren im Ohr?

Also als älterer Menschen kommt man sich ja schon ganz out vor, wenn man erleben muss, dass fast alle Mitmenschen – und die Kids schon mal gar – ständig verdrahtet sind und diese Dinger da ins Ohrenschmalz gedrückt haben. Tagein, tagaus lassen die sich von irgendjemanden berieseln, sind wahrscheinlich schon abhängig und können gar nicht mehr verstehen, dass die Ohren auch drahtlos, also nur so, ohne Knopf im Ohr, Geräusche auffangen können, zum Beispiel das Geräusch eines persönlichen Gesprächs, das nicht einem MP3-Player entquillt. Oder gar den Gesang der Amsel, einer Art Volksnachtigall.

Das war ja früher immer ganz spannend und führte nicht selten zu erfreulichen Kontakten, es sollen sogar Lebensgemeinschaften daraus entstanden sein, dass man ein hübsches Mädchen in der S-Bahn oder im Buchladen neckisch angesprochen hat. Früher, als man Lebensgemeinschaften noch mit dem Kurzwort Ehe bezeichnete, lernte der junge Mann, wie man einer Schönen artig Komplimente machen könnte, um sie dann zu einem Eis oder Kaffee, später zu einer Familiengründung einzuladen. Heute sind so einigermaßen attraktive, selten gut gekleidete Wesen verkabelt. Wollte man sie ansprechen, was ja meist als blöde Anmache empfunden wird, da schaut man nur in erstarrte Gesichter, allenfalls werden die Lippen rhythmisch bewegt, weil ein Justin Bieber (o.ä.) seine tiefgehenden Botschaften direkt ins Gehirn bläst. Da hat der junge Mann keine Chance, zumal er ja auch verdrahtet ist, an einem Rädchen dreht oder am Apple-Mäusekino Interpreten hin- und herschubst, bis er das richtige Tralala gefunden hat. Rührend allerdings, wie sich zwei Teenager eine Tonquelle nebst Knopfhörer und Ohrenschmalz teilen und alsbald beginnen, im gleichen Rhythmus zu wippen.

Robin hat da mal seinen Enkeln empfohlen, diese Isolatoren zum Vokabel-Lernen einzusetzen; aber das war sowas von daneben. Da könne man sich ja gleich Beethoven oder Bruckner reinblasen, wenn man sich durch Bildung den ganzen Tag versauen lassen soll. Ach, beinahe vergaß ich`s: Neulich kam doch eine hübsche junge Frau in die S-Bahn, ganz ohne diese Dinger. Aber dann griff sie zum Mobiltelefon und quatschte bis zur Endstation. Anschließend holte sie ihre Stöpsel raus und ging ihres Weges. Die Amsel hatte keine Chance. Schade, sagte sich R.G. (unplugged).



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