Wissenskooperation in Wissensgemeinschaften.
Autor | Gerald Lembke |
Verlag | sonstige |
Learnact! Verlag
335 Seiten
ISBN 393862700X
Preis: 39,90 Euro
„Anwendungsorientierte Betriebswirtschaftslehre“ als Teil der GABAL-Benennung wurde in der Mitglieder-Versammlung des e.V. 2005 diskutiert: Was meint das eigentlich – was verstehen wir heute darunter? Im Vorstand entwickeln wir das Thema weiter (Strategie… AB = jene Teile daraus, die für uns als Weiterbildner relevant sind; diskutieren Sie darüber gerne in den Regionalgruppen, Ihre RG-Leitung verfügt über die Unterlagen dazu!).
Wie nahe wir bei GABAL dem Thema tatsächlich sind, zeigte mir die (aus einer Diplom-Arbeit entstandene) Studie von Gerald Lembke: Er ist Betriebswirtschaftler und entwickelt seine Sichtweisen und Schlussfolgerungen absolut aus der Praxis, ergo: anwendungsorientiert. Seine „Wissensgemeinschaften“ (Wg.) sind informell geprägt, was auch auf viele Teams in Unternehmen zutrifft, die außerhalb der normalen Hierarchie Projekte bearbeiten – und deren Leiter oft aus den „normalen Mitarbeitern“ stammt, womit sich etwa die Frage der Eignung stellen kann. Grundlage seiner Betrachtung ist die Analyse von regionalen Wissensgemeinschaften der GfWM e.V. (Gesellschaft für Wissensmanagement). Interessanter Weise wurde mir übrigens die Mitgliedschaft dort von einer Kollegin angetragen, die mich über einen völlig anderen (business-)Kontakt kennt – so schließt sich wieder mal ein Kreis!
Wenn Sie sich dazu vor Augen führen, dass analysierende Betrachtung von Weiterbildung stark darauf abstellt, dass „informelles Lernen“ gegenüber formalem und nicht formalem Lernen weit überwiegt (siehe: Veranstaltungen Podcast II), bedeutet dies: mehr Augenmerk darauf richten, auch jenseits des Lernens im Unternehmen, gerade für die eigene Weiterbildung von Weiterbildnern! Bei Lembke wird das zitiert als „situiertes Lernen“, siehe S. 66/67. Er differenziert an anderer Stelle (u.a. „Landkarte“ S. 105) dann als Erfolgs-entscheidend die sog. Handlungsfelder, die Wg. kennzeichnen: Lernen / Interaktion-Kooperation / Kontinuierlicher Austausch-Kommunikation / Reziprozität (Wissensteilung, Geben-Nehmen) / Vertrauen / Gemeinsame Werte / Wertschätzung, um einige heraus zu greifen. Hervor gehoben findet sich „Reziprozität“ auf S. 99 in einer Grafik (Abb. 14), zentral darin:
Kultur der Reziprozität
– Soziale Anerkennung der Wissenskooperation: „ich bin etwas wert“
– Kollektive Wirksamkeit: „gemeinsam sind wir stark“
– Vertrauen in die Zukunft
– Wissenskooperation als alltägliches Geschäft.
Das finde ich des Nachdenkens wert, der Diskussion als weiter führend würdig!
Ich interpretiere diese Wg. als Synonym zu einerseits Netzwerken / Networking, andererseits zu Ansätzen à la unseren (GABAL-eigenen) AKs (Themen-Arbeitskreisen), die heute als KT firmieren, überregional vernetzte „Kompetenz-Teams“, neben den RGs (Regionalgruppen). Bei den Wg. allerdings erscheinen die Aspekte Thema/Region mit einander verknüpft. – Der Erfolg eines Teams entsteht aus dem bekannten Dreieck von Können-Wollen-Dürfen; nur aus intrinsischer Motivation entsteht Dynamik (wobei: Einsatz von Incentives wäre für mich eher extrinsisch verursacht?). Höchst interessant finde ich diesen Ansatz: An die Stelle des Modeling durch Lernen aus Best Practice-Situationen tritt in den Wg. das Worst Practice Beispiel: Lernen aus Fehlern nämlich, die in der Runde vorgestellt und diskutiert werden und so (mindestens) zweierlei ermöglichen: 1. Andere vermeiden diese Fehler, 2. es werden Lösungen von dritter Seite entwickelt (und z.B. 3. „Verarbeiten“ des Präsentierenden, weil er/sie darüber berichtet).
Wie lässt sich die Erfahrung aus Wg. (die natürlich sehr viel mehr umfasst als die hier angedeuteten Aspekte) nun auf Unternehmen übertragen, auf formelle wie informelle soziale / hierarchische Verbindungen? Wer in der Lage ist, die Vorteile des „Querdenkens“ zu nutzen, wird begeistert sein – bei der GfWM wird das bestens gepflegt: Die Treffen sind geprägt und erfolgreich durch 1. Input durch Impuls-Vortrag, 2. Diskussion darüber – und: 3. Netzwerken, räumlich getrennt!! Interessanter Ansatz auch für einen „kurzen Abend“… So ist mit entscheidend für den Erfolg von Wg., wie „Der Nutzen – Lernen im Erfahrungsraum“ erwartet und empfunden wird (S. 142f.). Ich zitiere:
„Der Nutzen aus den Wg. kann nicht mit betriebswirtschaftlichen Kennzifferen erfasst werden. Auch existieren keine weiteren „Wissensbilanzen“… Der Nutzen der Wg. ist in den Zusammenkünften der Mitglieder zu beobachten… aus den gleichen Unternehmen, … die sich… häufig noch nicht einmal kennen …bereits nach wenigen Treffen Wiedererkennungseffekte unter den Mitgliedern einstellen…
Neben dem sozialen Nutzen ist konkret nachvollziehbarer Nutzen fürdie Berufspraxis zu beobachten.“
Diese Fakten ermittelte Gerd Lembke durch Interviews mit den Mitgliedern, deren Antworten z.T. auch wörtlich im Buch zitiert werden. – Bei der Dichte an Informationen, Schlussfolgerungen und Diskussions-Ansätzen fällt es mir schwer, besonders wichtige und aussagefähige Zusammenfassungen bzw. Zitate zu extrahieren. Deshalb abschließend zwei Stichwort-Sammlungen aus Übersichten bzw. Tabellen des ebenfalls ausgiebigen Anhangs:
Leitfaden „Stammtische“ (S. 276)
Wiederholbarkeit (Berechenbarkeit) * Freiwilligkeit * Inhaltliche Selbstbestimmung * Kommunikationsmix * Nicht kommerziell * Organisches Wachstum * Professionelle Organisation * Regionalprinzip * Vertrauen.
Methodische Hinweise für Wissens-Akteure (nach TZI) (S. 281)
Ich-Botschaften * Mit Fragen umgehen * Authentizität üben * Interpretationen * Verallgemeinerungen * Mitglieder-Charaktere * Seitengespräche * Nur einer redet * Multi-Kommunikation durch Stichworte.
Bleiben letztlich KEFs (Kritische Erfolgs-Faktoren) für Wg. wie:
- Vertrauen aufbauen; Vermeiden von „zu verkäuferischen“ Situationen
- Geben-Nehmen. Erwartungen. Wie funktioniert die Wg. vor Ort „autark“ usw.
- Kern-Team = spielt die wesentliche Rolle für Lebensfähigkeit einer Wg., abhängig von vorhandenen Kompetenzen dieser „Aktivisten“, die erforderlichen Prozesse zu moderieren.
Fazit: Sehr empfehlenswert! Hier konnte ich nur einige Schlaglichter liefern. Vielleicht ist dieses Buch auch eine interessante Grundlage für RG-interne Diskussionen…