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Wie die Saat, so die Ernte

Autor Donna Leon
Verlag Diogenes
ISBN 978-3-257-07227-3

„Commissario Brunettis zweiunddreißigster Fall“ bietet auf vollen 320 Seiten wieder mal spannende und vor allem: vergnügliche Unterhaltung – und zugleich kritischen Blick auf gesellschaftliche Probleme Italiens mit gewohntem Lokalkolorit Venedigs.

Links-Terrorismus
…deutet sich früh an, durch Beweisstücke wie auch durch scheinbar zufällige Begegnungen. Doch der Reihe nach: „Brunetti will gerade zu Bett, als Vianello ihn hinausruft in die kalte Novembernacht: In einem Kanal ragt eine Hand aus dem Wasser. Die Leiche ist schnell geborgen. Um wen es sich handelt, erfährt der Commissario per Zufall. Doch welche Feinde könnte der Tote gehabt haben? Da er sich ohne Papiere in Italien aufhielt, steht die Polizei ohne Spuren da. Erst als Brunetti tief in die eigene Vergangenheit eintaucht und sich das Italien seiner Studentenzeit vergegenwärtigt, nähert er sich der Lösung.“ Bis hin zum eigenen Erleben eines „Gruppenzwangs“ seinerzeit (S. 268ff.): Schönes Beispiel dafür, wie reflektiert der gebildete Jurist Brunetti mit seinem eigenen Verhalten umgeht… Wobei auch dieses Mal die Kern-Handlung durch vielerlei flankiert wird, was die Leserschaft nachdenklich machen kann, mal mehr, mal weniger. Etwa das Umgehen mit Homosexualität in den eigenen Reihen der Polizei, einfühlsam gelöst – und in der betreffenden Person auch Leser verblüffen mag: Sind Frauen und Männer dafür tatsächlich derart unterschiedlich sensibel?

Beziehungen privat & Business
Wunderbar das Umgehen der Brunetti-Familien-Mitglieder untereinander, auch das gewohnt – und dennoch jedes Mal erfreulich. „Typisch“ italienisch mag das Händeln von Korruption sein, auch das mal intern. Und natürlich kommt Signorina Elletra zu ihrem üblichen Hacker-Einsatz – und lernt Nützliches gar bei einer Tagung, die sie (dennoch) genervt verlässt, weil unter ihrem Niveau (S. 214f.): Augen zwinkernd spielt die Autorin mit derlei Themen – und überlässt es ihrer Leserschaft, sich jeweils eine Meinung zu bilden. Schön, wie Donna Leon mit Sprache spielt (und damit auch der Übersetzer Werner Schmitz, nach wie vor „aus dem amerikanischen Englisch, obwohl die Autorin längt in der Schweiz lebt und Venedig immer wieder besucht). Letztlich eine Dauer-Promotion für die Stadt auf Stelzen, bei aller Kritik an vielerlei Zuständen, die immer mal aufpoppt – und Leser damit in seiner/ihrer Erwartung bestätigt. Was auch für des Commissarios geschicktes Lavieren in so genannten gehobenen Kreisen angeht (S. 184f. etc.) – Das Ende erschien mir dieses Mal a bissal abrupt?! Hoffentlich folgen weitere Commissario Brunetti-Fälle! Fazit: lesen!! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter