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Wenn die Blätter sich rot färben

Autor Louise Penny
Verlag Kampa
ISBN 978-3-311-12019-3

„Der fünfte Fall für Gamache“ passend zum 2020er Herbst-Anfang gelesen – erinnert hier und da auch an Bruno Chef de Police von Martin Walker: Er kennt alle im Ort, obwohl inzwischen umfangreicher verantwortlich – und versteht es, die Menschen zu öffnen und ihnen wirklich zuzuhören (S. 154f. z.B. „Faible für Quebecer Geschichten“). Essen & Trinken spielen eine wichtige Rolle. Ein buntes Völkchen lebt hier, viele haben ihr Refugium gefunden bzw. sich geschaffen. Und dass dieses Jahr ausgerechnet eine Lyrikerin den Literatur-Nobelpreis erhalten hat, passt – auch Three Pines hat sie, seine Dichterin, wenn auch eine a bissal verrückte: Ruth mit ihrer Ente Rosa … Eben:

Lokalkolorit
… ist das Besondere dieser Reihe, und zwar im doppelten Sinne: Kanadisches Flair plus „charactére“ zu erleben (siehe auch englisch-französisch!) – und generelles Dorfleben, egal wo es angesiedelt sein mag. Doch „wer ist der tote Mann, den niemand kennt? Wie ist seine Leiche unbemerkt in das Bistro gelangt, das sich zwischen Bäckerei und Buchhandlung mitten in Three Pines befindet? Und wer hat den Mann getötet? Es ist ein grauer, verregneter Sonntagmorgen Anfang September. Zufällig hat Myrna Landers, die Buchhändlerin von Three Pines, den Toten entdeckt und gleich Olivier, den Wirt des Bistros, und seinen Lebensgefährten Gabri informiert. Die drei sind sich einig: lieber ein toter Fremder als ein toter Freund. Dass sich jemand ungesehen im beschaulichen Three Pines herumgetrieben hat, ist allerdings schon merkwürdig, zumal das Dorf so versteckt in den kanadischen Wäldern liegt, dass überhaupt nur wenige von seiner Existenz wissen. Armand Gamache, der gerade mit seiner Familie beim Sonntagsfrühstück in Montréal sitzt, muss mit seinem Team anrücken. Im Laufe der Ermittlungen gerät Olivier selbst immer mehr unter Verdacht. Welche dunklen Geheimnisse aus seiner Vergangenheit versucht er vor Gamache und den anderen Dorfbewohnern zu verbergen?“ Und da gibt´s gleich diverse Personen mit mehr oder weniger klandestinem Denken und Handeln… Verschlüsselte Botschaften inklusive, die Gamache in dieser Story ausgiebig begleiten (u.a. S. 385ff. zu Caesars Verschlüsselung) und letztlich erst nach dem Lösen wirklich entschlüsselt werden. Fein der Blick auf Indigene, auch das: Lokalkolorit mit durchaus kritischer Perspektive, innere wie äußere…

Beziehungen
… um die nämlich geht es: Zwischen den Dorf-Bewohnern, der verschworenen Dorf-Gemeinschaft gegenüber Neu-Ankömmlingen („Zuagroaste“ heißen die in Bayern… „beyond the pale“ S. 234ff.) – und völlig Außenstehenden, seien sie versteckt im Wald, seien sie Galeristen und damit wichtig für die „Künstler unter uns“. Auch die freundschaftliche Beziehung von Gamache zu manchem Bewohner wird arg strapaziert… Es bleibt ein deutliches Gefühl von „unvollendet“ bei diesem schwierigen, stark konstruierten Fall – ein feeling à la Cliffhanger! Und – voila: Als sechster Fall ist angekündigt, dass Gamache diesen hier, den fünften, nochmals aufrollen muss und wird: Leser freue sich darauf… HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter