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Vergeltung

Autor Robert Harris
Verlag Heyne HC
ISBN 978-3-453-27209-5

„Ein deutscher Raketenforscher. Eine junge englische Offizierin. Ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit“ gibt klar den Rahmen vor, zu diesem Thriller mit vielerlei historischen Bezügen.

Zweiter Weltkrieg und Raketen
…sind eng mit deutscher Forschung verbunden: Was seinerzeit unter militärischen Aspekten entwickelt wurde, davon hat wieder einmal die US-Forschung profitiert. Wobei die (hier vom Autor unterstellte) Raumfahrt-Orientierung der handelnden Personen rund um Wernher von Braun durch wahnwitzige Opfer erkauft wurde, seien es Zwangsarbeiter gewesen oder die Toten durch Raketen-Angriffe auf London & Co. Geschickt entwickelt Robert Harris eine spannende Story aus diesem Stoff: „November 1944. Das Deutsche Reich steht vor der Niederlage. In einer Großoffensive setzt es seine modernste Waffe ein – die V2. Tausende dieser ballistischen Raketen mit schwerem Sprengkopf werden auf England abgeschossen. Radar und Aufklärer können sie nicht orten – wie aus dem Nichts stürzen sie mit Überschallgeschwindigkeit auf London herab. Kay Caton-Walsh, Offizierin im Frauenhilfsdienst der britischen Luftwaffe, entkommt einem V2-Einschlag nur knapp. Als kurz darauf 160 Menschen von einer der Raketen getötet werden, vor allem Frauen und Kinder, meldet sie sich freiwillig zu einer lebensgefährlichen Mission.

Forschung und Realität
…wurden schon vielfach literarisch aufgearbeitet, siehe Oppenheimer von Max Frisch, um nur ein Werk zu nennen. Auch dieser Thriller hinterfragt, inwieweit ein Wissenschaftler „nur“ seine scheinbar unabhängige Forschung voran treiben darf: Auch von Brauns spätere Tätigkeiten in den USA war ja militärisch getrieben. Seine Person erscheint hier völlig abgehoben von derlei ethischen Gedanken – ein anderer dagegen macht sie sich durchaus. Der Reihe nach: „Zusammen mit Kameradinnen wird sie im befreiten Belgien abgesetzt. Dort sollen sie die mobilen Startplätze ausfindig machen und zerstören… Der Ingenieur Rudi Graf hat mit seinem Freund Wernher von Braun einst davon geträumt, einmal eine Rakete zum Mond zu schicken. Jetzt findet er sich im besetzten Holland wieder, wo er die technische Aufsicht über die Abschüsse hat. Vom Krieg ist er längst desillusioniert. Inzwischen ermittelt gar ein NS-Führungsoffizier wegen Sabotageverdacht gegen ihn. Das Schicksal wird Kay und Rudi schließlich aufeinandertreffen lassen.“ Die Charaktere sind fein entwickelt, Persönliches und Militärisches geschickt verzahnt: Denn hinter dem entsetzlichen Geschehen, das im Rückblick primär an Zahlen gemessen wird, steckten persönliche Schicksale exponentiellen Geschehens… Der Autor erläutert im Nachwort wie auch in Danksagungen (S. 361ff.) Fiktion und Realitäten seines Stoffes – in diesem Sinne eine Dokufiktion im besten Sinne: informativ wie „dennoch“ unterhaltsam. .HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter