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Um die Welt mit den Thaws

Autor Juliane Hornung
Verlag Wallstein
ISBN 978-3-8353-3771-8

„Eine Mediengeschichte der New Yorker High Society in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ verweist darauf, dass „Influencer“ schon weit vorm Internet aktiv waren  …

Identifikations-Figuren
Die New Yorker High Society – Lifestyle, Reisen und Selbstinszenierung im Zeichen der Massenmedien. Eine frühe Form dessen also, was heute „Influencer“ genannt wird: „Mediale Selbstinszenierung ist in Zeiten von social media zur Selbstverständlichkeit geworden. Diese Entwicklung ist jedoch nicht neu. Bereits um 1900 entstand in den USA eine soziale Formation, die nicht mehr nur auf Reichtum basierte, sondern vor allem auf massenmedialer Sichtbarkeit: die High Society.“ Mit einem Trend schon damals vom Amateurtum hin zur Professionalisierung, wie er heute den Weg vieler Mikro-Influencer hin zu irren Reichweiten mit zig Millionen kennzeichnet: Vom Selfie zum Kamera-Team quasi…

Zuhause und unterwegs
Die gab´s damals durchaus als klar definierte Szene, sich von der Upper-class abgrenzend, sehr extravertiert wie auch exaltiert: „Zu dieser Gruppe zählten auch die New Yorker Millionäre Margaret (1902-1983) und Lawrence Thaw (1899-1965). Ob auf Partys, im Grandhotel oder beim Einkaufsbummel auf der 5th Avenue – die Thaws orientierten sich stets an den medialen Logiken der Klatschpresse. In den 1920er und 1930er Jahren drehten sie zudem selbst Filme: Auf ihren exklusiven Reisen um die Welt entstanden zahlreiche Amateur- und professionelle Reisefilme. Auch Hollywoodstudios, wissenschaftliche Institutionen und das US-Außenministerium erkannten deren Potential. Diese Filme eröffnen eine außergewöhnliche Perspektive auf das hochmobile und luxuriöse Leben der High Society und ihre soziale Prägekraft.“ The show must go on, auch nach mehrmonatiger Abwesenheit vom Zuhause – oder gerade dann, nach Rückkehr in die heimische Szene. Denn um Kind & Küche kümmerte sich natürlich das Personal, übrigens auch dann, wenn die Kids dabei waren. Das belegen die zahlreichen Abbildungen – plus die Einblicke in ausgewählte Szenen aus den Filmen der Thaws wie auch aus „Referenz-Filmen“, via QR-Code aus dem Buch heraus erreichbar…

Gestern für heute
Alles also schon mal da gewesen? Tja, „Juliane Hornung beleuchtet den Zusammenhang von gesellschaftlichem und medialem Wandel und zeigt, wie stark die Massenmedien bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über gesellschaftlichen Erfolg und sozialen Status bestimmten.“ Sich selbst darstellen also zuzeiten, als „Selfies“ noch weit in der Zukunft lagen – und doch schon da waren, auf anderen Kanälen, mit anderen Aufnahme- und Wiedergabe-Geräten… Alles in allem ein starker Einblick mit vielen Aha-Effekten! Auf fast 400 Seiten inkl. Anhang. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter