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Shinwa – das Echo der Worte

Autor Christian Gerhard
Verlag Knaur
ISBN 978-3-426-56209-3

„2. Band des historischen Japan-Epos aus dem 18. Jahrhundert (Der Traum der Samurai)“ fasst vom Autor aufgefangene Erzählungen auf 350 Seiten zusammen: „Eine Kriegerin zwischen ihrer Mission, ihrem Traum und ihrer Liebe“.

Super-Manga-Heldin?
…als Mythos, als (lebendes?) Legende, japanisch: Shinwa. A bissal an den natürlichen Comic-Superhelden „Phantom“ erinnernd… Und vielleicht gar Vorlagen bietend, für Manga-Storys historischer Perspektive. Wenn dies auch ein reiner Text ist, der allerdings phasenweise sehr bildhaft zu lesen ist und sich so illustrierten Bild-Geschichten annähert. Worum geht´s in diesem Opus Teil 2, vom Autor aus vielerlei gehörter Storys zusammen- und verfasst, somit an die Rolle der Brüder Grimm im Deutschland des 19. Jahrhunderts erinnernd?

Samurai, Shogun und Kaiser
…bilden eine schwierige Dreiheit: In diesem Spannungsfeld von Gefolgsleuten und vom Kaiser abgefallenem Adel spielt sich eine spannende, abwechslungsreiche und gefährliche Szenerie ab! Denn „die junge Aoi hat sich der Rebellion gegen den Shogun angeschlossen und erweist sich als gelehrige Schülerin in der Schwertkunst der Samurai. Das Ziel der Rebellen ist es, eine große Armee aufzustellen, um dem Kaiser zurück zur Macht zu verhelfen. Die Worte, die Aoi bis jetzt gesät hat, beginnen zu wirken und mehr und mehr Menschen schließen sich dem Aufstand an. Doch der Samurai Arata, der die Rebellen im Auftrag des Shogun verfolgt, könnte Aoi gefährlicher werden als alle anderen Gegner… wenn sie in ihm mehr sieht als ihren Feind. Wie die Bauerntochter Aoi fast alles verliert, bevor die abtrünnige Samurai Himari ihr neue Hoffnung gibt.“ Und da kommt das Echo der Worte aus dem Titel ins Spiel: Motti affirmieren und werden zu Schlachtrufen – und eine Samurai kann auch nach ihrem Tod auf dem Schlachtfeld in aller Munde sein, wie Aoi schließlich versteht: In moderner Zeit nennt man das Narrativ – und diese Geschichte lebt auch von Geschichten, die dabei erzählt werden (S. 87f. usw.)… Aus unterschiedlichen Perspektiven verfolgt die Leserschaft das Geschehen, Vertreter der beiden konkurrierenden (und einander bekämpfenden) Seiten begleitend. Und so die unterschiedlichen Rollen besser verstehend, plus Nebenfiguren wie die Shintomönche (S. 56 z.B.) oder den Kaiser, um den es ja eigentlich geht (siehe S. 265 etc.).

Auch das noch
Die Geschichte ist zentral aus dem Erleben Aois erzählt, als Rückblick einer Hundertjährigen, von ihr immer mit notiert (S. 347ff. Epilog). Auf sanfte Weise sind Liebes- (und Sex-)Szenen erzählt, siehe u.a. S. 246ff. (wie auch die Ambivalenz in der Beziehung Aois, S. 305 etwa), ist generell ein trefflich historisch anmutender Schreibstil in eine etwas andere Zeit mitnehmend. Nur schade, dass der Lesefluss manches Mal etwas stockt: Die leider heutzutage nur zu üblichen Hängeverben als Folge der im Deutschen durchaus zulässigen Syntax verwirren gelegentlich. Und bewirken ein automatisches/automatisiertes Zurückhüpfen auf den Teilsatz vor dem Einschub – der doch genauso gut nachgeschoben sein könnte, grammatikalisch wie pragmatisch. Beispiel: „Taro…zog den Kopf aus der Maueröffnung und machte kehrt und lief den Weg, den er gekommen war, wieder zurück“ käme leichter lesbar so daher: „…und lief denWeg wieder zurück, den er gekommen war.“ (S. 44) Nun ist das für das Gros der Leserschaft Korinthen-Kackerei, ich weiß – doch wat mutt, dat mutt  … Ach ja, wer will, greife zum Band 1 „Stimmen der Nebelwälder“, danach (wie bei mir) oder davor. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter