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Schwarz und Weiß

Autor Irene Dische
Verlag HoCa
ISBN 978-3-455-40477-7

Ein exzellentes Spiel rund um das, was der Titel vieldeutig sagt: Schwarz-Weiß-Malereien, Schwarz-Weiß-Rassismus, Schwarz-Weiß in der Mode. Und dennoch: Grautöne … Es geht um Wein, unter Anderem und auch. Wobei – Whiskey wäre auch interessant gewesen, evt. sogar mit einem passenden Sponsor  …

Schwarz mit Weiß
„New York – New York …“ klang es mir im Ohr, zumindest phasenweise: Die Stadt spielt ihre Rolle sehr intensiv, bevor das Ländliche, das Weite der USA sich in die Geschichte drängt. Insofern ist das auch eine Geschichte des Urbanen versus provinziellem Fernsein … „Manche Geheimnisse sind so groß, dass wir sie nicht nur vor der Welt, sondern auch vor uns selbst verstecken müssen. Es beginnt als Liebesgeschichte. Im New York der frühen 70er Jahre werden Lili und Duke ein Paar: Sie, die Tochter einer weißen Intellektuellen-Familie, mit allen Möglichkeiten aufgewachsen, die sich jedoch für die Arbeit als Krankenschwester entschieden hat und er, der schwarze junge Mann aus dem Süden. Sie leben eine Liebe, die verheerende Zerstörung in Kauf nimmt und doch alles zu verzeihen scheint.“ Und beide sind erfolgreich in dem, was sie tun – jedenfalls vorläufig:

Wein und Sein
Vordergründig eine typisch US-amerikanische Erfolgsgeschichte, und das auch noch mit einem „gemischtrassigen Paar“! „Während Duke zu einem gefeierten Weinexperten avanciert, wird die verträumte Lili als Model entdeckt. Ihr gemeinsames Leben entwickelt sich schnell zu einem rasanten Auf und Ab, voller Möglichkeiten, Verführungen, Rückschläge. Ihre Liebe scheint jedoch unzerbrechlich. Erkennt Duke jede noch so kleine Facette eines besonderen Weines, so entgehen ihm meist die Hintergedanken und Manipulationen der Menschen. Ganz anders Lili, die wie gemacht scheint für das Spiel mit der Oberfläche, das die Mode- und Werbewelt beherrscht. Beide verlassen sich aufeinander, doch hinter Lilis Schönheit, ihrem Charme, ihrer Klugheit und Raffinesse, verbirgt sich nicht zuletzt eine mörderische Wut, die alles und jeden zu verschlingen droht.“ Und so zeichnet sich die Katastrophe früh ab, jedenfalls an einem Horizont, der eher weiß denn schwarz wirkt…

Mehr Schein als Sein?
… zeigt sich denn auch bei den beiden Hauptpersonen. Durchaus kritisch nimmt die Autorin die US-Gesellschaft ins Gebet, seien es immerwährender und wiederkehrender Rassismus oder die Rolle von Frau und Mann: „Mit Schwarz und Weiß durchschreitet Irene Dische die letzten drei Jahrzehnte des letzten Jahrtausends, um nichts weniger als unsere Gegenwart auszuleuchten. Was als großartiger, scharfsinniger wie auch scharfzüngiger New York-Roman beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer brillanten Auseinandersetzung mit Projektionen und Heilsversprechen, mit individuellen Träumen und sozialen Realitäten. Ein Roman, der große Fragen stellt, ohne sich der Illusion auf Antworten hinzugeben.“ Oder wie ein Rezensent es auf den Punkt brachte: »Eine Abrechnung mit dem Amerikanischen Traum und, nebenbei bemerkt, tolle Unterhaltung.« Die Zeit. HPR

Hanspeter Reiter