Rückfall
Autor | Andrea Wolfmayr |
Verlag | edition keiper |
ISBN | 978-3-903-14488-0 |
„Ein Roman aus der Provinz“ verdeutlicht: Weder ein Lokalkrimi noch ein Psychothriller … Schlicht ein Gesellschaftsbild provinziellen Lebens, durchaus als Gegensatz zum großstädtischen zu interpretieren – auf unterhaltsamen 350 Seiten, zugleich nachdenklich machend. Mag sein, mit Autobiografischem, interessant jedenfalls durch die wechselnden Perspektiven: Zwar chronologisch fortlaufend, doch jeweils andere Sichtweisen erlebbar machend!
Roman aus der Provinz
Was unterscheidet die denn eigentlich vom städtischen Leben? Kurzzeitig blitzen Vergleiche auf, bei der einen oder anderen Person, die gerade woanders lebt (Wien, Berlin, Stockholm…) – und sich wieder zurück sehnt in die Heimat: „Noch ist es ländlich in der Provinz, doch man spürt den unbändigen Drang, sich städtisch zu geben und sich persönlich wie auch wirtschaftlich zu entwickeln. Die Familien, deren Schicksale sich untereinander ver- und wieder entflechten, sind einander verbunden, sie kennen einander von klein auf und es kommen immer wieder neue Leute hinzu, von außen. Sie alle haben ihre Beziehungen, Ehen, Affären, sie finden sich, manche trennen sich wieder, einige sterben weg, an Alter, Unfällen, Krankheiten. Und sie alle haben ehrgeizigen Nachwuchs, der es weit bringt. Es geht um Gefühle, um Liebe und Hass. Um Wut und Verzweiflung, um Lebensfreude und Sinnverlust. Es geht um die Frauen, die es mit einem alten, gewachsenen patriarchalischen Rollenbild zu tun haben, und es geht um die Männer, die sich schwer tun mit der Veränderung der Rollenbilder, gegen die sie rebellieren oder in die sie sich einfügen oder anpassen.“ Also der „ganz normale Wahnsinn“ des Alltags?! Freundlich, fast liebevoll sind die Charakter gezeichnet (also beschrieben), mit all ihren Macken und Fehlverhalten…
Ein Wimmelbild
…als Text, „ein Sittenbild ist dieser Roman, und er zeigt das Leben, wie es eben spielt. Jede Menge Wünsche, Erwartungen, Hoffnungen, Sehnsüchte, Enttäuschungen. Menschen, die miteinander zu tun haben. Wir schauen ihnen dabei zu. Es könnten wir selbst sein.“ Na, mag Leser denkend, hoffentlich weniger, zumindest was die meisten Charaktere angeht … Selbstkritisch gelesen, mag das eine oder andere Verhalten bekannt vorkommen – naja, vielleicht ja auch bei anderen Personen des persönlichen Umfelds. Jedenfalls ein gelungenes „Sittenbild“, a bissal Buddenbrooks-like, doch locker(er) geschrieben, gar trefflich dargestellt! Mit gelegentlichem Finger „in der Wunde“, siehe Klima (z.B. S. 54), Datenschutz (ach ja, spielt in Österreich! S. 108), Homophobie (S. 190 etc.), Kontrollsucht (S. 220 etc.), Kindesmissbrauch (S. 314f.). Nette Idee, das leibliche Wohl bei alle handelnden (resp. behandelten) Personen mitspielen zu lassen, inkl. „Die Rezepte“ dazu S. 345ff. Ach ja, dazu liefert die Autorin ein Personenverzeichnis (S. 353ff.), gute Idee bei deren Fülle …Auch so ein crossover von E und U, also ernsthafter vs. unterhaltsamer Lektüre, fein… HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de