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Ran an das Fett

Autor Anne Fleck
Verlag Wunderlich
ISBN 978-3-805-20041-7

Die vielen als TV-„Ernährungsdoc“ bekannte Medizinerin, die in Hamburg eine eigene Praxis hat, propagiert eine ganzheitliche Medizin, die sie – siehe Website – individuell anpasst, insbesondere die mit einer Diagnose verbundenen Ernährungsempfehlungen.

Bei diesen nehmen bestimmte Fettarten eine erhebliche Rolle, und diesen wird enorme Wirkung auf Gesundheit und Gesundung zugeschrieben, inklusiv Gewichtsabnahme. Insofern ist der Haupttitel des Buches „Ran an das Fett“ doppeldeutig. Zum einen meint es: Mut haben, sich fettreich zu ernähren, zum anderen, durch die Ölumstellung in der Ernährung die Aussicht, an Fett und damit an Gewicht zu verlieren. Hinzu kommt – siehe Untertitel – eine beachtliche Liste an auch schweren und noch undurchschauten Erkrankungen, bei denen via Ölzufuhr in Kombination mit kohlehydratarmer Nahrung „Heilungserfolge“ erzielt worden seien.

Das Prinzip der Ernährung: Fett kombinieren mit Eiweiß und kohlehydratarmer Kost; eine „Lebensmittelliste“ (auch runterzuladen von der Website) gibt Beispiele für die Auswahl von Ölen und Kombinationen von Mahlzeiten. Aus der Sicht des unmittelbar umsetzbaren Nutzens für den Leser wäre es hilfreich gewesen, konkretere Angaben zu machen, welche Lebensmittel in welcher Menge bzw. in welchem Mengenverhältnis empfehlenswert sind. Das betrifft vorzugsweise die Angaben zu Kohlehydraten (das offizielle Verhältnis mit 60 Prozent unterstützt die Autorin nicht; sie plädiert für weniger) und deren Differenzierung (Unterschied Vollkorn – Weißmehl in der Wirkung auf Zellen etc. sowie Differenzierung der behaupteten zu hohen Menge an Omega 6-Fettsäueren in der Ernährung im Verhältnis zu den (daher (!) zu bevorzugenden Omega 3-Fettsäuren).

Die Medizinerin, die auch als Vortragsrednerin und Beraterin tätig ist, schlägt in dem Buch einen zuweilen alarmistischen Ton an, der der Mission geschuldet ist: „Heilen mit dem Gesundmacher Fett“ (Untertitel). Sie erklärt Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Zellen, Mitochondrien und Organen in einer flotten Sprache, die den Leser motivieren möge, ihren Empfehlungen zu folgen. Selbstredend führt sie „Studien“ an, auf denen ihre Empfehlungen beruhen. Ein Leser, der in der Ernährungsphysiologie nicht Experte ist, kann das alles natürlich nicht überprüfen. Am Thema Interessierte werden indes anderweitig durchaus über „Studien“ und „Heilungserfolge“ gelesen haben, die die Ernährungsempfehlungen von Dr. Anne Fleck in Frage stellen, einschließlich offizieller Warnungen vor etwa Kokosölfett.

Es bleibt angesichts der Komplexität der Materie, von der wissenschaftlich Forschende offen zugestehen, dass sie bis dato keinesfalls auch nur annähernd durchschaut werden kann, nur, keinen Einseitigkeiten zu erliegen und die Empfehlungen der Autorin im Sinn des eigenen Wohlbefindens und ohne extreme Ausschläge auszuprobieren. Das gilt insbesondere für die Zufuhr von Fetten; denn die Low Carb-Bewegung, die hier um das Anreichern mit bestimmten Fetten erweitert wird, existiert ja bereits seit vielen Jahren. www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter