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Puschkins Erben

Autor Svetlana Lavochkina
Verlag Voland & Quist
ISBN 978-3-96301242ß

„Sommer 1820 – 150 Jahre später“ erinnerte mich sehr an frühe(re) Satiriker der Sowjetzeit: Michail Sostschenko: Schlaf schneller, Genosse! – Sowjetrussische Satiren war 1940 wohl erstmals erschienen. Und nun – 3, 4 Jahrzehnte später? Breschnew-Zeit, wie diverse Rezensenten korrekt ausmachten. Auf weit früher zurück blickend, noch deutlich: Zaren-Zeit (wie sie heutzutage erneut ausgebrochen sein mag)…

Nachfahren?
Immer wieder poppt ja tatsächlich eine andere (Verschwörungs-)Theorie auf, nämlich jene von Überlebenden der Zaren-Familie, die von Revolutionären 1917 hingerichtet wurden. Eine Idee, von der Autorin übertragen aufs Literarische, mit vielerlei entsprechenden Zitaten (siehe „Quellenangaben“ S. 366f.). Kühn durchaus ihre Interpretation wahrer Geschehnisse – das entwickelt sich nämlich so: „Juni 1821: Alexander Puschkin, auf dem Weg in die Verbannung, verliert beim euphorischen Bad im wilden Dnjepr bei Zaporoschje, einem langweiligen ukrainischen Nest, seinen wertvollen Türkisring und bekommt starkes Fieber. Neun Monate später gebärt die Wirtin des ihn beherbergenden Gasthauses ein Kind.“ Honni soi, …  … Dann springt Leser mit hinein in den … „31. Dezember 1976, Zaporoschje: Die Familie Katz feiert in großer Runde Silvester, selbst die über Hemingway promovierende Alka hat den langen Weg aus Moskau auf sich genommen. Doch sie ist mal wieder enerviert ob der provinziellen Rückständigkeit ihrer Verwandten, einzig der schöne Schwarzmarktkaufmann Mark aus Odessa scheint sich abzuheben vom familiären Pöbel. Schließlich nutzt Möchtegernpoet Josik, Ehemann von Alkas Cousine Rita, die Gelegenheit, seine neueste bahnbrechende Entdeckung zu verkünden: Die Familie stammt vom großen russischen Dichter Alexander Puschkin ab!“ Mit vielem Hin und Her, wieder gefundenem Ring inklusive – und einem satirischen Blick auf den neuen Zar im Kreml, der ähnlich wie „Nachfahre“ Josik Winter-Katz (siehe den Familien-Stammbaum auf den Vorsatz-Seiten) kaum mehr als ein Abklatsch des „Vorfahren“ sein mag: Jener schafft Lyrik, bei denen es die Zuhörer schaudert … Alles metaphorisch oder was? Unterhaltsam, zugleich viele Einblicke ins wohl durchaus wahre Sowjet-Leben bietend. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter