Prinzip Menschlichkeit
Autor | Joachim Bauer |
Verlag | sonstige |
256 Seiten
ISBN: 345550017X
Preis: 19,95 Euro
Dieser interessante und engagierte Band wird von vielen Rezensenten als „Contra-Darwin“ gesehen und in der Rolle des Infragestellens eines „survival of the fittest“ als eher schwach empfunden, da zu wenig argumentierend – wobei auch Darwin dann zu einseitig verstanden ist. Der Autor trägt durch seine Positionierung des Bandes zwar zu diesem Missverständnis bei; doch gilt auch hier: Entscheidend ist die Sichtweise des Rezipienten. Und ich meine, hier finden sich interessante Beweise und Argumente für das Menschenbild der grundsätzlichen Bereitschaft, mit den anderen zu agieren statt gegen sie; ethisch-moralisch zu einem GABAL-Trainer und –Berater passend, würde ich sagen (siehe Berufskodex). In seiner vielseitigen Ausbildung erinnert Joachim Bauer an Manfred Spitzer; Neurobiologisches spielt eien große Rolle in seiner Argumentation – darauf möchte ich stark hinweisen. Ausgehend vom Glücks-Hormon Dopamin (siehe Motivations-Diskussion, Flow etc.) bezieht er Oxytoxin mit ein, das er „Bindungs-Hormon“ nennt: „Wenn es …darum geht, ein ´soziales Gedächtnis´ auszubilden, also zu erinnern, wen man kennt und wen nicht…, dann reicht D. allein nicht aus. Hierfür ist O. als zweiter, zusätzlicher Botenstoff von unersetzlicher Bedeutung.“ Wie wichtig Beziehung in jungen Jahren für die Entwicklung eines menschlichen Wesens ist, wissen wir seit Kaspar Hauser; hier erfolgt die Erklärung. „Wenn Beziehungen nicht gelingen“, folgen „Angst, Schmerz und die biologische Stressreaktion“, denn: „Besonders gesundheitsrelevant ist…, was O. und die endogenen [vom Körper selbst gebildeten, Anm. Rez.] Opioide leisten: Sie reduzieren Stress und Angst, indem sie das Angstzentrum der Mandelkerne (Amygdala) und das oberste Emotionszentrum (Anteriorer Cingulärer Cortex, ACC) beruhigen.“ Menschlich sei die Umkehrung des angloamerikanischen Spruchs, der leider über die Jahrzehnte vonseiten USA wie GB immer wieder Anwendung findet – korrekt allerdings lauten sollte: „If you can´t join them, beat them“. Denn „im Zentrum der Biologie stehen wechselseitige Beziehung und Kooperation“. Dies sind lt. Bauer fünf entscheidende Voraussetzungen für das Gelingen von Kooperation:
1. Sehen und Gesehenwerden
2. gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber etwas Drittem
3. emotionale Resonanz
4. gemeinsames Handeln
5. wechselseitiges Verstehen von Motiven und Absichten (S. 190).
Das erklärt auch, warum Kooperation etwas exklusiv Menschliches darstellt, wie der Harvard-Mathematiker Martin Nowak an anderer Stelle betont (Science, Bd. 314, S. 1560, 2006; zitiert nach SZ 08.12.2006, „Wissen“ S. 20): Menschenaffen als den Nächstverwandten fehlen die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten. Bei ihnen funktioniert dieses soziale Spiel immer nur zwischen jeweils zwei Individuen; Menschen dagegen nutzen Netzwerke, sozusagen als Tauschsystem: „Reputation. Wer anderen hilft, gewinnt einen guten Ruf und qualifiziert sich für die Unterstützung durch andere.“ Womit klar wird: Kooperation geschieht dann, wenn das kooperierende Individuum einen Nutzen für sich erwartet. Da der Mensch in der Lage ist, über Dritte zu kommunizieren und damit (auch) Gutes mitzuteilen, ist es ihm möglich, komplexe soziale Netzwerke zu begreifen. Und er ist Willens dazu: Prinzip Menschlichkeit eben…