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Platon in Bagdad

Autor John Freely
Verlag KlettCotta
ISBN 978-3-608-94766-3

… oder „Wie das Wissen der Antike zurück nach Europa kam“, so der Untertitel dieses fast schon monumentalen Werks. Mal eine Kulturgeschichte, die objektiver ist als die allgemeine eurozentrische Betrachtungsweise – und zeigt, wie viel „der Islam“, vielmehr islamische Gelehrte mehrerer Zeitalter dafür getan haben, zum Einen Antikes am Leben zu erhalten oder wieder zu beleben. Und es fortzuführen resp. um eigene Sichtweisen zu bereichern. So wurde es erst möglich, dass in der europäischen Neuzeit sich die moderne Wissenschaft entwickeln konnte, nachdem vielerlei Wissen verloren schien. In diesem Buch geht es um Gewinnen von Wissen und ums Wiederfinden: „Diese Geschichte des Wissenstransfers beginnt im 7. Jahrhundert v. Chr. in Ionien an der kleinasiatischen Küste. Naturphilosophen wie Thales von Milet erforschen hier Himmel und Erde. Auf Milet folgen Athen, Alexandria, Rom und Byzanz als Zentren der Wissenschaft. Doch zu Beginn des Mittelalters geht dieses Wissen in Europa verloren. Aufbewahrt wird es in der arabischen Welt … Muslime, nestorianische Christen, Juden und Sabier bringen das verlorene Wissen im Zuge der Expansion des Islam zurück nach Europa und liefern dem Westen damit die Voraussetzung für das neue wissenschaftliche Weltbild, das in den neuen Zentren der Wissenschaft wie Paris und Oxford entsteht.“ (Klappentext) Damit liefert „Platon in Bagdad“ zugleich eine Wissenschaftsgeschichte der europäischen Neuzeit. – Andere (von mir hier bereits besprochene Bücher) gehen dem gleichen Themenkreis nach, etwa „ Das Mysterium der Zeit“ (Monaldi [&] Sorti, These: vieles sei gefälscht, so genannter „alter Schriften“) oder „Reisende Helden“ (Robin Lane Fox, erschienen im gleichen Verlag, inhaltlich weit mehr in die Tiefe gehend, konzentriert auf griechisches Überliefertes). Alle ein Gewinn, das aktuelle Buch in besonderem Maße zur kulturellen Diskussion Europa – Arabien oder Christentum – Islam passend. Viel Hintergrund-Wissen liefernd und Verständnis schaffend: Höchst lohnenswert! – HPR

Hanspeter Reiter