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OTMA&LUNL

Autor Christian Matthiessen
Verlag sonstige
ISBN 978 3 86599 148 5

“On tour mit art [&] language und niklas luhmann” liest man auf der hinteren Coverseite. Und so läuft es. Der Leser begleitet einen Journalisten sowohl auf einer Reise, ganz örtlich gemeint, als auch auf einer gedanklichen Reise. Diese bewegt sich zwischen Moderne und Postmoderne, hadert mal mit der ersteren, dann wieder mit der letzteren, so dass dem Leser zu weilen der Kopf schwirrt – vor lauter Gedanken, die sich in Hirn und Herz schlängeln, durcheinander purzeln, dann wieder geradlinig laufen. Und mit dem erzählenden Protagenten fragt er sich – zuweilen romantisch und mit sozialkritischen Tönen und modern gestimmt, auf der Suche nach der großen Erzählung, dann wider eher postmodernistisch bis nihilistisch gestimmt, auf der Suche nach Sinn und Unsinn, nach einem roten Faden, an dessen Existenz er zweifelt – der Leser fragt sich also, zusammen mit dem Erzähler und auch allein, von jenem allerdings inspiriert, wozu Theorie überhaupt taugt, zumal dann, wenn sie – postmodernistisch gewendet – eigentlich nicht möglich ist. Denn jede Theorie ist eine Erzählung. Selbst die Systemtheorie. Und so könnte ich als Rezensentin fortfahren, nicht nacherzählend, sondern assoziierend im Laufen, im Lesen von Gesprächen, die geschildert werden, im Wechsel von physischen Erlebnissen des Erzählers, die meistens einstimmen auf kommende Theorieerwägungen oder ihnen nachsinnen oder einen Bruch in der Stimmung bezeichnen, die einem Bruch im Denken, einem Schwenken von romantisch-modern zu unromantisch, fragmentarisch oder beobachtend aus der zweiten Ordnung.  

Es geht um Sprachphilosophie und –theorie, um Kunst, Musik, Performances und Systemtheorie, in der Tradition von Niklas Luhmann und deren Bezüge untereinander, es geht um Kunst- und Artikelprojekte und immer: dem Leben als Prozess. Englischsprachige wechseln mit deutschsprachigen Abschnitten (Gespräche, Briefe, Mails, Zitate) ab, stets verwoben in Geschehen, in Interaktionen, in Metakommunikation über Erlebtes, Gedachtes, während dessen oder danach.   

Der Sinn? Suchen Sie ihn, werte Leserinnen und Leser – Sie werden intelligent verwirrt, eine vielleicht (ja- die Hermeneutik stirbt einfach nicht aus) beabsichtigte Konfusion, die ins Nachdenken schweifen lässt und immer einmal wieder die große, die für die einen beantwortete und für die anderen nicht zu beantwortende Frage nach Sinnhaftigkeit und Folgehaftigkeit aufkommen lässt: von Theorie für Leben, von Kunst für Leben – und die unterschwellige Sehnsucht des Erzählers auf der Suche nach Antworten.  

Ein großartiges und mutiges Projekt, das zahlreiche Leser verdient! Hanspeter Reiter, www.dialogprofi.de

Dr. Regina Mahlmann