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Oskar

Autor Max Bronski
Verlag Droemer
ISBN 978-3-426-30610-9

„Es ist dieser grundentspannte Erzählton, der einen so unwiderstehlichen Charme entwickelt.“ (taz) Lakonisch halt, das eigene Schicksal akzeptierend – überrascht wie interessiert, über diese Situation: Amnesie …

Alles scheintot oder was?
„Ein außergewöhnlicher Kriminalroman über einen scheinbar toten Mann ohne Gedächtnis auf der Suche nach sich selbst.“ Der auch das offenbar war: scheintot. Und der deshalb in eine Mühle des Verschwindenlassens gerät: „Ein Leichenwagen mit drei Särgen fährt durch München. Ziel: das Krematorium. Die Papiere der Toten sind alle gefälscht; offensichtlich geht es darum, Leichen illegal verschwinden zu lassen. Der scheintote Oskar erwacht auf der Fahrt plötzlich zum Leben und befreit sich aus der klapprigen Totenkiste. Auf der klebt ein Zettel, der den vermeintlich Verstorbenen als „Person ohne Identität“ ausweist. Und in der Tat, Oskar hat nicht die leiseste Ahnung, wer er ist, wo er herkommt und wie er in diese missliche Lage geraten ist. An der nächsten Ampel ergreift er vorsorglich die Flucht und findet sich, nur mit Boxershorts bekleidet, im Englischen Garten wieder. Zum Glück ist es Sommer, und es herrscht buntes Treiben. Aber wie weiter? Ein abenteuerlicher Selbstfindungstrip nimmt seinen Lauf…“. Der gelingt, weil der (mehrfach umbenannte) Protagonist schlicht das jeweilige Geschehen annimmt, damit umgeht – und als Beobachter seiner selbst es letztlich (wieder) verändert: Lässt Quantenphysik grüßen?!

Gedächtnis und Erinnerung
„Ein Mann ohne Gedächtnis auf der Flucht – aber wovor?“ titelt der Rückseiten-Text. Das Wiederfinden seines Gedächtnisses geht einher mit jeweils neuen Rollen, die von den Kapitel-Überschriften angedeutet sind: Oskar, der Findling – der Freund – der Feind – der Heimkehrer. Dabei kommt Neuro durchaus mit wissenschaftlichen Anklängen ins Spiel, siehe etwa S. 80ff.: „So ein Hirn ist nicht so logisch wie eine Maschine … Du musst warten, bis du deine eigenen Verdrahtungen wiederhergestellt hast.“ Oder S. 127: „Man muss sich das Leben vorstellen wie verschiedene Luftschichten, die übereinanderliegen…“. Da kommen Italien-connections verschiedener Stränge an die Oberfläche, siehe Mafia, siehe Südtirol – alles früh angedeutet. Mit einem interessanten Nachwort (S. 297ff.), das die Abläufe und Rahmenbedingungen als durchaus mit realem historischem Hintergrund gedeckt aufdeckt. Und einem interpretationsfähigen Schluss, der irgendwie als happy-ending daher kommt … Und zugleich mit einem Fragezeichen, wenn auch nur angedeutet: Gelungene Dramaturgie! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter