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Muttertag

Autor Nele Neuhaus
Verlag ullstein
ISBN 978-3-550-08103-3

„Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi, Band 9“: Wenn auch die Kommissarin inzwischen Sander heißt, nach Scheidung vom Gerichtsmediziner und neuer Heirat, ist ihr Chef von Bodenstein wieder zurück.

Alles läuft auf Muttertag hinaus
Das deutet sich früh an, wenn auch von den Ermittlern erst spät(er) im Laufe der Story erkannt. Immerhin ist Leser ja via Buch-Titel gebahnt  … Wie immer ein Lokalkrimi, viel (Lokal)Kolorit nahe Frankfurt ist geboten, man kann sich fast zuhause fühlen! Wobei, schon happig, die Geschichte: „Sie hatten ein Geheimnis. Sie mussten sterben. An einem Sonntag. Im Wohnhaus einer stillgelegten Fabrik wird eine Leiche gefunden. Es handelt sich um den ehemaligen Betreiber des Werks, Theodor Reifenrath, wie Kriminalhauptkommissarin Pia Sander feststellt.“ Das Mineralwasser-Unternehmen hatte er wohl in den Ruin gewirtschaftet, statt dessen zusammen mit seiner Frau viele Pflegekinder aufgenommen, zur Freude des hiesigen Jugendamts: Wie kommt der Muttertag da ins Spiel, eigentlich passend? Wie das so lief, mit Pflegekindern, auch dem ist Nele Neuhaus nachgegangen, zitiert Fakten, etwa S. 350ff. …

Wer gibt sich schon mit einer Leiche zufrieden?
Die Autorin jedenfalls nicht, die wieder ausgiebig recherchiert hat und sich entsprechend bei Beiträgern bedankt – und ihre Leser im Verlauf des Thrillers in die Spezialitäten des Ermittelns mitnimmt: „Es gab kaum etwas Mühsameres als eine Nachbarschaftsbefragung,“ die im Grunde jeden Krimi „begleitet“, „aber sie war unumgänglich. Die Menschen sahen viel und vergaßen genauso viel wieder.“ Deshalb wird kognitive Befragung eingesetzt (S. 200f.), „das Geschehen in den richtigen Kontext gesetzt, und die Ergebnisse… waren erstaunlich.“ Dazu gibt´s Verbindungen in die Landschaft der Führungskräfte, womit sich Weiterbildner jeglicher Couleur einbezogen fühlen mögen: „Nicht alle psychopatisch veranlagten Charaktere sind zwangsläufig Kriminelle … Es gibt den sogenannten erfolgreichen Psychopathen, den man ziemlich häufig als …Anwalt oder in Führungspositionen findet.“ Mit dem Dran absoluter Kontrolle über andere z.B. (siehe S. 403f.). „Solche Menschen sind in Krisensituationen in der Lage, ruhig, fokussiert und handlungsfähig zu bleiben…“ (S. 229) Was auch auf diesen Täter zutrifft, bis zuletzt, wie Leser sehen wird…

Apropos Leichen…
Nun, zurück zu den Leichen: „In einem Hundezwinger machen sie und ihr Chef Oliver von Bodenstein eine grausige Entdeckung: Neben einem fast verhungerten Hund liegen menschliche Knochen verstreut und die Spurensicherung fördert immer mehr schreckliche Details zutage. Reifenrath lebte sehr zurückgezogen, seit sich zwanzig Jahre zuvor seine Frau Rita das Leben nahm. Im Dorf will niemand glauben, dass er ein Serienmörder war. Rechtsmediziner Henning Kirchhoff kann einige der Opfer identifizieren, die schon vor Jahren ermordet wurden. Alle waren Frauen. Alle verschwanden an einem Sonntag im Mai. Pia ist überzeugt: Der Mörder läuft noch frei herum. Er sucht sein nächstes Opfer. Und bald ist Anfang Mai.“ Muttertag naht also wieder. Und die Zeit läuft den Ermittlern davon, je Kapitel via Datum runter gezählt. Erst recht, weil Pia Sanders Schwester vermehrt in den Fokus rückt, Psychologin und häufig mit im Spiel, auch als Lebensgefährtin von Bodenstein/Sander-Chefin Engel … Oh mei! Spannend bis zur letzten Seite, deren mehr als 550 geboten sind… HPR

Hanspeter Reiter