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Mach Dein Ding!

Autor Baum, Thilo
Verlag sonstige
Seiten 254 Seiten
ISBN 3821859946
Preis 17,95

Thilo Baum hat eine Mission: Er möchte, nein: er will, ist bestrebt und nimmt elanvoll in Angriff: Personen, von denen er meint, sie hingen im Sessel, bejammerten sich selbst ob ihres Missgeschicks oder Unglücks, warteten auf einen Retter und schöben sämtliche Verantwortung für ihr Leben anderen Mit-, Leidens-, Artgenossen zu. Dem schmettert der von sich und seinen Leistungen, seinem Glück und seinem lockeren Netzwerk an Mitstreitern betont überzeugte Autor entgegen: „Mensch: Selbst ist der Mann und ist die Frau! Mach` was!“

Aus Gründen des sachlichen Erfordernisses und der Fairness muss präzisiert werden: Der Autor beansprucht, vorher: vor dem Tun anzusetzen, nämlich an Selbstreflexion, Einstellungen, Glaubenssätzen und Gefühlen, die damit verbunden sind. Ziel, so der Autor, der sich über die Implikationen der Begriffe nicht recht im Klaren zu sein scheint, seien „Autonomie und Autarkie“ (11f). Eigengesetzlichkeit und totale Unabhängigkeit also – na, sagen wir: als Leitlinien brauchbar. Aber Thilo Baum meint es ernst. Entsprechend die Grundideologie: Es kommt allein auf den Einzelnen an!

Dass diese Attitüde bestenfalls als heuristisches und pädagogisches Mittel, als Transmissionsriemen dienen kann, also nicht wörtlich und als sachlich-faktisch realitätsgetreu genommen werden sollte – das empfehlen nicht nur Psychotherapeuten, Theologen, Coaches aus der Wirtschaft, sondern auch Praktiker in sozialen Organisationen wie Freiberufler, die der Autor explizit einbezieht. Denn in dem Fall des Ernstnehmens der Ideologie als Wahrheit führte die Person ihr Versagen unausweichlich und programmatisch herbei. Heuristisch und pädagogische Dienlichkeit leiten sich her aus dem Umstand, dass Selbst-Verantwortungs- und Alleinherrschaft-Ideologie ein aktivierendes, mobilisierendes, in Bewegung setzendes Moment transportieren: Je höher ein Mensch den Grad der Selbstwirksamkeit einschätzt, desto eher wird er aktiv.

Einerseits versammelt der Autor weit verbreitete Ratschläge, Empfehlungen, Hinweise (auch Binsenweisheiten), die er mit Anekdoten und Beispielen, teilweise seinem „genialen“ Umfeld, seinem „Netzwerk", entstammend, wo er die „mittelalterlichen Dorfstrukturen“ wieder findet und in dem hierarchiefreien Raum (Rezensentin: und das im Mittelalter!) dieser Dorfstruktur glücklich arbeiten und nicht arbeiten: leben kann.

Andererseits finden Leser, die sich mit der Thematik noch wenig befasst haben, durchaus wertvolle Anregungen. Diese inspirieren vorzugsweise dazu, die eigene Persönlichkeit in den Blick zu nehmen und sich über die gewöhnliche Frage nach Stärken und Schwächen hinaus zu befragen wie etwa: Was kennzeichnet meine Persönlichkeit? Welche Neigungen und Abneigungen, welche Quellen dienen mir als Lieferanten von Sinnhaftigkeit? Der Kreis schließt sich mit der Frage nach den Auswirkungen, die die Antworten haben auf die eigene berufliche Orientierung. Freiberuflich oder angestellt? Lokal oder überregional bis international? KMU oder Konzern? Vollzeit oder Teilzeit? Etc.

Der Ton ist apodiktisch, plakativ, binär (schwarz-weiß), drastisch; das Ethos huldigt zwar der individuellen Autonomie (!), gleichzeitig bezieht es – wenn auch stark dem Eigeninteresse entspringend – Empathie und weitere Aspekte sozialer Kompetenz ein, um zufrieden, gar glücklich im beruflichen Tun zu sein und von anderen Menschen akzeptiert zu werden.

Die Kernbotschaft „Mach Dein Ding“ kann lebensdienlich sein als Leitstern, dessen Zacken mich immer wieder einmal pieksen. Keinesfalls als Ideologie, die „Autonomie und Autarkie“ vorgaukelt – diese als Ziel glichen einem Programm zur Selbstzerstörung.

Dr. Regina Mahlmann
www.dr-mahlmann.de
info@dr-mahlmann.de

Dr. Regina Mahlmann