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Language in Our Brain

Autor Angela D. Friederici
Verlag MIT University Press Group
ISBN 978-0-262-03692-4

„The Origins of a Uniquely Human Capacity“ untertitelt das englischsprachige Buch. Und nimmt damit Bezug auf die zentrale Aussage dieser Meta-Studie zum Verorten sprachlicher Fähigkeiten des Menschen in unterschiedlichen Hirn-Regionen – und der Strukturen jeweils aktiver Verbindungen. – Ein Buch in englischer Sprache übrigens.

Antwort auf eine alte Frage
…und wiederkehrende Diskussion in der Linguistik bringen die gesammelten Neuro-Belege dieses Bandes: Grundlegende Sprach-Strukturen seien in den Hirnen bei allen Menschen angelegt und je nach Alter umsetzbar, in je unterschiedliche Sprachsysteme flexibel übersetzbar und angepasst. Die Autorin analysiert umfassend vorhandene Studien zu den einzelnen grammatikalischen/linguistischen Aspekten, eigene Studien inklusive: Phonetisch-phonologisch, syntaktisch, semantische Verarbeitung. Sie weist nach, dass die ineinander greifenden, je einzelnen Verarbeitungs-Schritte klar im menschlichen Gehirn verortet sind, was Noam Chomsky’s Thesen im Rahmen seiner Generativen Transformations-Grammatik bestätigt – der zufrieden das Vorwort liefert und übrigens auch einer der akademischen Lehrer der Autorin war, die nun seit langen Jahren als Direktorin am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften wirkt. Auch zum jährlich statt findenden Symposium von „turmdersinne“ in Nürnberg hat sie beigetragen, etwa 2012 „Von Sinnen“ mit „Sprachentwicklung und Gehirn: Neuronale Grundlagen frühkindlicher Sprache“.

Sprache, Sprechen und Gehirn
Erst die modernen Bild gebenden Verfahren ermöglichen jene Einblicke in die Aktivitäten eines Gehirns, das ein Verorten fern von Hirnschäden finden lässt – in vivo statt mithilfe von Sezieren verstorbener Patienten, wie früher üblich, zuzeiten von Broca und Wernicke etwa, den Pionieren von Linguistik und Hirnforschung. Die Verfahren erläutert Friederici genauso kompakt wie nachvollziehbar wie sie danach thematisch die Ergebnisse von Studien zusammen fasst, interpretiert und diskutiert – auch für Laien durchaus verständlich. So wird z.B. auch klar, dass einerseits komplizierter Texte mehr Netzwerke im Gehirn benötigen, andererseits das Verarbeiten länger dauert. Was klar macht: Wer verständlich(er) schreibt, wird mit seinen Texten stärker wirken können – und mündlich natürlich entsprechend genauso. Eines meiner Themen in den Workshops (achten auf Länge, Verschachteln, F-Wörter…), dazu punktuell auch im „Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung“, von mir bei Beltz heraus gegeben. Gezeigt hat sich derlei in diversen Studien konkret: Wenn a. Unerwartetes, b. Aufwändig(er)es, c. Falsches produziert wird (bzw. zu produzieren ist). Dass linke und rechte Hirnhälfte dabei intensiv(er) zusammen arbeiten, via Corpus Callosum, wird ebenfalls deutlich. Eine feine Darstellung, wie die Sprach-Produktion auf diverse Hirn-Regionen verteilt ist und letztlich integriert wird, siehe etwa S. 101. Wie überhaupt fMRT-Bilder (und weitere) sowie grafische Darstellungen über weite Strecken des Bandes exzellent visualisieren, was im Text detailliert geboten ist.

Kommunikation & mehr
Bei all dem geht es letztlich um Kommunikation, die Ebene der Pragmatik kommt hinzu – und wird von der Autorin durchaus integriert, wenn damit auch die eigentlichen linguistisch relevanten Themen verlassen sind. So wird´s relevante Lektüre auch für Weiterbildner jeglicher Couleur, Trainer – Coaches – Berater! Die entsprechenden Kapitel sind wählbar (z.B. S. 95ff.), auch via dem ausführlichen Stichwort-Verzeichnis. Oder schlicht via Inhaltsverzeichnis, siehe diese Kapitel-Überschriften: Language Functions in the Brain: From Auditory Input to Sentence Comprehension. The Structural Language Network. The Functional Language Network. The Brain´s Critical Period for Language Acquisition. Ontogeny oft he Neural Language Network. Evolution of Language. The Neural Basis of Language. Ein weiter Bogen ist also geschlagen: Einblick in die Abläufe im Gehirn – Entwicklung im Lebensalter – Entstehen von Sprache überhaupt – voila!

Original englische Zusammenfassung des Buches
…zitiert nach Autorin/Verlag: „A comprehensive account of the neurobiological basis of language, arguing that species-specific brain differences may be at the root of the human capacity for language. – Language makes us human. It is an intrinsic part of us, although we seldom think about it. Language is also an extremely complex entity with subcomponents responsible for its phonological, syntactic, and semantic aspects. In this landmark work, Angela Friederici offers a comprehensive account of these subcomponents and how they are integrated. Tracing the neurobiological basis of language across brain regions in humans and other primate species, she argues that species-specific brain differences may be at the root of the human capacity for language.

Friederici shows which brain regions support the different language processes and, more important, how these brain regions are connected structurally and functionally to make language processes that take place in milliseconds possible. She finds that one particular brain structure (a white matter dorsal tract), connecting syntax-relevant brain regions, is present only in the mature human brain and only weakly present in other primate brains. Is this the “missing link” that explains humans‘ capacity for language?

Friederici describes the basic language functions and their brain basis; the language networks connecting different language-related brain regions; the brain basis of language acquisition during early childhood and when learning a second language, proposing a neurocognitive model of the ontogeny of language; and the evolution of language and underlying neural constraints. She finds that it is the information exchange between the relevant brain regions, supported by the white matter tract, that is the crucial factor in both language development and evolution.“ Wenn gerne von den „grauen Zellen“ gesprochen wird, braucht es also gerade für Sprachliches (und damit Allzumenschliches!) die weißen dazu: Immer klarer wird, welch extrem wichtige Funktion diese Faserbündel haben, gerade für „innerhirnliche“ Kommunikation … HPR

Hanspeter Reiter