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Karaoke-Kultur

Autor Dubravka Ugresic
Verlag Berlin-Verlag

Karaoke – das steht für Nachahmen, ursprünglich wohl von „Gesang“. Zahllose Karaoke-Kneipen gab und gibt es schon seit Jahren auch in Europa, weitab vom Ausgangspunkt Fernasien … Die Autorin überträgt das Konzept auf einen Kulturbegriff, mit dem sie ein zeitgenössisches Phänomen bezeichnet: Digitale „Kultur“, „in der jedermann eingeladen ist, sich zu beteiligen – ohne Rücksicht auf Urheberrechte und ähnliche störende Nebensächlichkeiten.“ (Klappentext) Man möchte sagen, jedermann sich eingeladen fühlt – das heiße Thema von Plagiat, copy [&] paste und Gratis-Internet also. Interessant dieser recht weit gehende Ansatz der Autorin, die zudem „überraschende Parallelen zur Amateurkultur, wie sie im Kommunismus florierte“ entdeckt. Das alles in Essays, in denen sie unterschiedliche Aspekte beleuchtet.  Und damit vor allem Medienmenschen neuen Diskussionsstoff liefert, dazu auch Weiterbildnern: Was alles wird dort gerne von Anderen übernommen, frei davon, eine Quelle zu benennen. Wobei die meisten von uns – so meine Einstellung wie auch Überzeugung – absolut damit einverstanden sind, wenn innovative, plakative, rasch verständliche Darstellungen von Dritten übernommen werden. Voraus gesetzt, „creative commonce“ wird eingehalten, klassisch: Quelle angegeben! Siehe z.B.

de.creativecommons.org/. Ein anderer Begriff für Karaoke könnte das englische Mash-Up sein, was sie u.a. hier aufgreift (S. 93): „Die Buchindustrie kam prompt der interventionistischen Neigung potenzieller Leser entgegen, und so blüht als letzte Mode die Herausgabe von Quirk-Books.  In der Edition Quirk Classic kann man Romane finden wie Verstand und Gefühl und das Meeresungeheuer, Stolz und Vorurteil und die  Zombies … Die Verfasser dieser Bücher benutzen die Technik des Mischens … wobei sie in klassische Literaturwerke Elemente der Popkultur .. einflechten …“. Was u.a. an Kompilationen aus Blogs erinnert, wie sie u.a. von einer jungen Berliner Autorin vor 1, 2 Jahren in den Markt geworfen wurden … Alles in allem ist dieses Buch zwar (auch) ein Aufarbeiten autobiografischer Züge, doch eben (auch) eine weiter führende Auseinandersetzung rund um Nachmach-Themen, voller interessanter Ansätze für eigene Gedanken. Auf dass Kupfern im Sinne von „Kapieren“ statt von reinem „Kopieren“ gelinge J … Und bringt dem tiefer schürfenden, historisch interessierten Leser zusätzliche Einblicke in Geschehnisse von Ex-Jugoslawien …

Hanspeter Reiter