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Irgendwie so total spannend

Autor Wolfgang Kemp
Verlag zu Klampen
ISBN 978-3-98737-034-4

„Unser schöner neuer Sprachgebrauch“ setzt sich kritisch mit modernen Irrlichtern auseinander: Meist jene, die ich in meinen Seminaren (Kommunikation schriftlich & telefonisch) gerne als „die deutschen F-Wörter“ zusammen fasse. Vielerlei hhilfreiche Impulse, zur Reflexion aufrufend, auf knapp 150 Seiten.

Deutsche Sprache – erschwerte Sprache?!
Je nach dem, wie sie angewandt wird nämlich. Durchaus diesseits von elaboriertem Stil (gegenüber restringiertem, siehe Diskussion Slang etc. S. 32ff.) – indem nämlich klare Aussagen verschwurbelt werden… „Der öffentliche Sprachgebrauch schwankt permanent zwischen vagen und starken Aussagen, zwischen »irgendwie« und »absolut«, »ein bisschen« und »total«. Das locker Dahingesagte ist an das meinungsstarke Superlativische gekettet. »Umgehungsdeutsch« und »Ultradeutsch« haben sich längst in Podcasts und sozialen Medien [Beispiele siehe S. 22ff. z.B.], aber auch Gesprächsformaten in Funk und Fernsehen durchgesetzt. Das führt oft zu unfreiwilliger Komik, wie Wolfgang Kemp an vielen Beispielen zeigt. Mit den Widersprüchen im agilen Sprachwandel von unten korrespondiert allerdings das entschlossene Sprachdiktat von oben. Das »woke« sensibilisierte und gegenderte Deutsch ist als neues Kanzleideutsch aus den Verwaltungen hervorgegangen und wird unnachgiebig durchgesetzt. »Korrektdeutsch« findet zu Wortschöpfungen wie »Sprachaktteilnehmende« für Sprecher. Diesen Prozess beleuchtet der Autor und sorgt für ein: »irgendwie so total spannendes« Leseerlebnis.“ Na, a bissal übertrieben einseitig vielleicht, gerade deshalb interessant & relevant?! Etwa „Adjektive der Spitzenklasse“ (S. 90ff.), das bekannteste Beispiel wahrscheinlich – „spannend“..Wenig anfangen kann der Autor zudem mit Emoticons (S. 108ff.) als Matrizen und Schablonen.

Die deutschen F-Wörter
…bin ich noch schuldig: Damit meine ich Floskeln („ich denke…“), Füllsel (eigentlich…), Fremdwörter (hmm, gelegentlich gar falsch angewandt – plus siehe Denglish  …) und Fachbegriffe (die gerne als eine Art „word-dropping“ eingesetzt werden also: Ich weiß Bescheid, (an)erkenne meinen „Stallgeruch“!). Dazu mehr u.a. S. 44ff. zu „genau“ (freue mich bereits auf die nächste IHK-Praktische Prüfung…) oder „sozusagen“ (ein Bekannter von mir geradezu sintflutartig, obwohl ansonsten höchst eloquent). Und was das Gendern angeht (ausführlich S. 60ff. „Der Auftritt der Platzhalter“), lässt sich das ggf. mithilfe der reichhaltigen deutschen Sprache durchaus elegant „regeln“, siehe meinen entsprechenden Workshop… Als Linguist habe ich mich zudem über des Autors Ausflüge etwa zu Cassirer gefreut (S. 120ff.). Fazit: Wer offen ist für derlei Impulse und bereit zur Reflexion, greife zu! Durchaus Effekt-befreit übrigens: Was du ggf. anwenden bzw. verändern willst, entscheidest du selbst… Ums Wahrnehmen geht es. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter