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Goldkind

Autor Claire Adam
Verlag HoCa
ISBN 978-3-455-00598-1

„Was ist der Preis eines Lebens, wenn eine goldene Zukunft alles ist?“ fragen Autorin und Verlag (im Grunde den Leser) auf der Rückseite des Buchs. Die Autorin – hier ihr Debüt-Roman! Spielend in ihrer Heimat Trinidad.

Alles Familie?!
So sieht´s jedenfalls aus, bei den indisch-stämmigen Deyalsinghs, sehr traditionell, mit viel Tamtam rund um eben die Familie der Ehefrau Roy mit mehr oder weniger erfolgreichen Brüdern. In wechselnder zeitlicher und individueller Perspektive betroffener (und handelnder) Personen entwickelt die Autorin eine Geschichte, die vordergründig als Lokalkrimi wirken kann. Doch dieser Roman ist ein Vielfaches davon, nämlich: hohe Literatur in Sachen (Un-)Menschlichkeit, gesellschaftlicher und religiöser Zwänge, (inter-)kultureller Vorurteile, etwa zwischen Hindi (im Machtverhältnis dort die „Weißen“) und Einheimischen, aus was Religion und Bräuche angeht (z.B. S. 68ff.).

Geschichte in Kurzform
…lässt sich wie folgt zusammen fassen: „Es ist dunkel. Insekten umschwirren das Licht im Hof, und der Wachhund sitzt am Tor. Ein Junge ist nicht nach Hause gekommen, und seine Familie wartet ängstlich auf seine Rückkehr. Ein Vater tritt in die Dunkelheit, um nach seinem Sohn zu suchen. Clyde macht sich Sorgen um Paul, der nicht von seinem Streifzug durch den Busch zurückgekommen ist. Auf Trinidad bleibt man zu Hause, wenn die Sonne untergegangen ist. Vor allem aber ist Clyde wütend, denn schon immer hat sein Sohn ihm Ärger bereitet, ganz anders als dessen alles überstrahlender Zwillingsbruder Peter. Stunden vergehen, Tage. Schließlich melden sich Entführer. Als Clyde begreift, worum es ihnen geht, steht er vor einer ungeheuerlichen Entscheidung: Darf er wirklich das Leben eines seiner Kinder zugunsten des anderen opfern?“ Leser erlebt, wie jeder in der Familie das Seine zu deren Erfolg beizutragen hat … „Ein atemberaubender Roman, voll Kraft und Schönheit. Ohne sich selbst zu verleugnen, reiht sich Claire Adam mit ihrem Werk erhobenen Hauptes in die Tradition von Ikonen wie V.S. Naipul ein.“ Jennifer Clement. Ausgezeichnet mit dem Desmond Elliott Prize. Mit allem Zeug für einen modernen Klassiker!

Narrative …
…und Glaubenssätze prägen diese Story, die Beteiligten gefangen in der Familien-Ethik? –Tradition? –Ehre? – denn genau darum geht es. So kann Clyde nicht aus einer Haut, ob es nun um das Geld seines (angeheirateten) Onkels geht, das strikt für das Goldkind Peter vorgesehen ist – oder darum, das Haus endlich zu verkaufen, das er in die Ehe eingebracht hat, von seinem Vater erbaut, von ihm modernisiert. Häufig sitzt er zwischen den Stühlen, was allerdings auch für seine Schwäger gilt: Romesh, der den Ansprüchen kaum Genüge tun kann und deshalb kriminell wird, zulasten seiner Neffen. Philip, der als erfolgreicher Richter ins Visier des ansässigen Drogenbosses gerät. Oder die Unterstellung, dass der (verhaltensauffällige) Paul geistig behindert sei, das auch der hilfreiche Pater Kavanagh nur sehr bedingt aufbrechen kann. Dass alles letztlich aufgrund einer Verwechslung zusätzlich eskaliert … Informativ, spannend, unterhaltsam – und zum Nachdenken anregend. Viel Einblick in eine Mitteleuropäern fremde Welt – jenseits dessen, was Touristen dort würden aufnehmen können! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter