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Goethes Faust & Einsteins Haken. Der Kampf der Wissenschaften

Autor Annika Brockschmidt, Dennis Schulz
Verlag Rowohlt
ISBN 978 3 499 63270 9

Germanistin Annika Brockschmidt und Physiker Dennis Schulz, der zudem süddeutscher Vizemeister im Science Slam ist, inszenieren einen humorvollen verbalen Boxkampf, an dem erstere für die Geistes-, letzterer für die Naturwissenschaften „in den Ring steigen“.

Die Zielgruppe ist unklar, und verwundern mag neben der Gewaltmetapher auch die Polarisierung, die in der Wissenschaft seit Jahren, spätestens seit Aufkommen des konstruktivistischen Paradigmas, dem Wachstum an Bindestrichwissenschaften, der Orientierung an Kultur- und Lebenswissenschaften, nicht mehr als mehrheitsfähig gelten kann.

Die sachliche Funktion, nämlich die Einsicht, es bedürfe beider Sichtweisen (s.u.), entfalten die Autoren vor allem über das Erzählen von Anekdoten in launiger Sprache, ab und zu angereichert mit knappen Hinweisen auf historische Daten und Sachverhalten sowie auf grundsätzliche Verschiedenheiten im wissenschaftlichen Vorgehen. Es dominieren Geschichten rund um mehr oder weniger bekannte Autoritäten (siehe Titel: z.B. Goethe, Einstein) und Familien bzw. Dynastien (z.B. Medici) aus Wissenschaft und Kultur. Es geht um Filz, politisch oder/und ökonomisch begründete Beziehungsnetzwerke, um Eitelkeiten, Eigentümlichkeiten und um Stile der (Konflikt-) Kommunikation von Persönlichkeiten/ Wissenschaftlern.

Das alles ist unterhaltsam zu lesen – und selbstredend verwundert es nicht, dass der „Kampf“ ein Scheinkampf ist. Am Schluss des Buches werden denn auch die Überlappungen exponiert und wird die Harmonie, die der Leser bereits selbst hat herstellen können, begründet: Die Tiefenbetrachtung eines Themas decke Zusammenhänge von geistes- und naturwissenschaftlichen Disziplinen auf. Geschichten aus beiden „Lagern“ verlaufen oft entlang derselben Figuren und decken Gemeinsamkeiten und wechselseitige Bezugnahmen auf. Und die rhetorische Frage, ob nicht wissenschaftliche Disziplinen als Ausdifferenzierungen gleichsam Kinder, Enkel, Urenkel der Philosophie und von Philosophen sind, die oftmals zugleich naturwissenschaftlich oder mathematisch geforscht und gelehrt haben.

Der „Kampf“, in aufeinanderfolgenden Beiträgen mit wechselndem Vortritt dargestellt, endet denn auch mit der Belehrung, „beide Sichtweisen auf die Welt“ seien zu berücksichtigen, um diese verstehen zu können, und Perspektivwechsel seien dafür nützlich.

Dr. Regina Mahlmann, www.dr-mahlmann.de

Regina Mahlmann