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Geschichte und Erinnerung in Computerspielen

Autor Nico Nolden
Verlag deGruyter Oldenbourg
ISBN 978-3-3-11-0568310-6

„Erinnerungskulturelle Wissenssysteme“ stehen im Fokus dieses 650-Seiten-Opus im Großformat (inkl. Anhängen): Umfassend aufgearbeitet, detailreich analysiert und weit reichend recherchiert hat der Autor sein Thema!

Games & Historie
Eines der erfolgreichsten Games gehört auch zu diesem Genre: „Die Siedler“ ist seit 1993 auf dem Markt und verarbeitet natürlich auch Geschichte. Und „jährlich erscheint eine Vielzahl von digitalen Spielen, die historische Inszenierungen verwenden – in diversen spielmechanischen Formen, mit einem breiten inhaltlichen Spektrum und aus fast allen Epochen. Bislang überblickt sie die Geschichtswissenschaft nicht strukturiert, formuliert keine Erkenntnisinteressen und erschließt sie nicht systematisch. Wieso solche Inszenierungen historisch und gesellschaftlich relevant sind, erläutert das Buch einführend.“ Ausführlich wie alles in diesem Buch, tiefschürfend und fein analysierend. Somit eine exzellente Quelle, die selbst wiederum ein Füllhorn an Quellen verarbeitet, die trotz des Mangels an konkreten Untersuchungen im Sinne des Autors vorhanden sind… (siehe S. 545ff.) Und das ist, was Games schaffen: „sie erzählen, stellen aus und inszenieren“ (S. 66f.).

Alle Facetten
… wissenschaftlicher Perspektiven (dazu siehe z.B. 152f.) sind versammelt in diesem – tja… Handbuch: „Sein Hauptteil ordnet den Stand der Forschung statistisch, methodisch und disziplinär sowie entlang von Spielformen und Epochen. An vielen Beispielen identifiziert er die Lücken des Diskurses, kondensiert Erkenntnisinteressen und bezieht andere Geistes- und Sozialwissenschaften ein. Weitgehend unbeachtet sind bislang Online-Rollenspiele, obwohl der empirische Teil am Beispiel The Secret World ihre Qualität als Erinnerungskulturelles Wissenssystem aufzeigt [Anm.: siehe etwa Tabelle „Narrative Netzwerke“ S. 333 – aufgedröselt S. 424ff.]. Wie dieses Medium Historisches inszeniert, ist gesellschaftlich bedeutend, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Das Buch erschließt daher ein Arbeitsfeld für Studierende, Lehrende und Forschende in Geschichts- und anderen Geisteswissenschaften, eröffnet aber auch neue Denkansätze für die praktische Anwendung im Game Design.“ Natürlich hat der Autor auch die Geschichte von Geschichts-Games mit verarbeitet, die Innen-Perspektive quasi. Alles bestens strukturiert, nach der Einführung: Digitale Spiele, Geschichtswissenschaft und der Forschungsstand – Die Erweiterung des Arbeitsfeldes – Vorstoß in verborgene Welten: Das Erinnerungskulturelle Wissenssystem von The Secret World – E.W. in digitalen Spielen (das Fazit, S. 534ff.).

Konkretes für Anwender
… ist ebenfalls aufzufinden, als eine Art Schatz verborgen. Da gibt es z.B. Anknüpfen 1: Games als Lehr- und Lern-Genre ist vielfach angesprochen, sei es als Serious Games oder als Verlängern der besprochenen Geschichts-Games. Dazu siehe etwa S. 233f. und ausführlicher S. 248ff. Anknüpfen 2: Journalismus und Branche (S. 270ff.). Anknüpfen 2: Der Band bietet zudem vielerlei Ansätze für Cross-mediales Betrachten – und somit Anregung, genau dies aufzunehmen: Rüber zu Anime und Manga, gar Comics generell… Hierzu interessant etwa der mehrfach aufgegriffene Aspekte von Licht, absolut visuelles Wirkmittel (S. 462ff.), das auch im Gezeichneten (und damit Fixierten) eine gewichtige Rolle spielt (resp. spielen kann – Farbe zudem generell!). Auch der Aspekt, welche Rollen ein Spieler einnehmen kann, lässt sich bestens auf Comics übertragen, siehe etwa Superhelden: S. 498f. und andernorts dargestellt = Achievers (spielen) – Explorer (Zeitvertreib) – Socializer (Unterhaltung). Fazit: höchst anregend und informativ, diese Monografie! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter