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Federball

Autor John leCarre
Verlag Ullstein
ISBN 978-3-550-20054-0

„Populismus, Datenmissbrauch und Fake News – was tun, wenn die Welt plötzlich in Flammen steht?“ Diese Fragen formuliert der Verlag auf der Rückseite des Schutzumschlages – und das sind jene, die sich Nats Badminton-Kontrahent stellt…

Geheimdienst, Spione, Freizeitsportler
Interessante Kombination, die sich in dieser Hauptperson vereint: „Nat hat seine besten Jahre als Spion hinter sich. Gerade ist er nach London zu seiner Frau zurückgekehrt, da wird ihm ein letzter Auftrag erteilt, denn Moskau wird zunehmend zu einer Bedrohung. Zur Erholung spielt Nat Badminton, seit Neuestem gegen Ed, einen jungen Mann, der den Brexit hasst, Trump hasst, auch seine Arbeit in einer seelenlos gewordenen Medienagentur. Ausgerechnet Ed fordert Nat auch außerhalb des Spielfelds heraus und zwingt ihn, seine Haltung gegenüber dem eigenen Land in Frage zu stellen. Und eine Entscheidung zu treffen, die für alle Konsequenzen hat.“ Das ist die Story, etwas sehr kurz gefasst… Immerhin zeichnet sich früh ab, dass hinter dieser Person „Ed“ mehr stecken muss als nur der Badminton-Herausforderer für einen inzwischen eher gelangweilten Geheimdienst-Mitarbeiter, der andeutet, dass da ein „Fall“ entstanden sei…

Denken kann mehr sein als Glückssache
Auch in diesem Spionage-Thriller der Autor fast gewohnt Einblick in einen recht normalen Mittelbau-Spion, quasi der Gegen-Entwurf zu Ian Flemings James Bond 007: Sehr menschlich, vor allem kognitiv – und im Grunde exzellent bis genial in seinen Schlüssen, wie sich zeigt. Fein verwoben finden sich zudem Einblicke in potenzielle Gedankenwelten feindlicher Geheimdienste (wie etwa des russischen, siehe z.B. S. 182), zu deren einzelne Protagonisten Nat beste Beziehungen unterhält, aus früherer Zeit: Durchlavieren mussten er die anderen sich schon immer. Und als Meister der Quellenführung (neu gelernter Begriff, sonst bekannt schlicht als „Führungsoffizier“) hat er viel erreicht, wenn auch wenig wertgeschätzt. Was er sich schließlich einfallen lässt, weil all seinen Chefs (quasi die Sesselfurzer, lange raus aus der Praxis) um Längen voraus, im Schließen aus Gegebenheiten und Entwickeln von Lösungen, wird den Leser zum Schmunzeln bringen. Doch vorher gibt´s eine Menge Spannung, immer wieder neu befeuert – und vielerlei Einblick in Beziehungsnöte, Familie inklusive. Selbstironie bietet der britische Autor genauso wie „Selbstkritik“, very fine indeed! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter