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Die Welt ist nicht genug

Autor Tim Guest
Verlag sonstige
Seiten 364 Seiten
ISBN 978-3-8077-1041-9
Preis 4,90

Was fällt Ihnen beim Stichwort „virtuelle Welt“ als erstes ein? Meistens ist das „Second Life“, wohl bekannt durch Aktivitäten von Weltfirmen oder auch Bildungsinstituten dort (wie von mir in anderen Rez.en erläutert). Mit zu den am stärksten genutzten „virtual realities“ gehört jedoch ein Computerspiel, „Word of Warcraft“, weltweit von deutlich zweistellig Millionen Spielern regelmäßig besucht, einem MMOG (Massively Multiplayer Online Games). Was übrigens gegenüber 300 Mio. Nutzern von Facebook im Grunde nur ein Tropfen… ist, wo auch so etwas wie eine virtuelle Welt aufgebaut wird – durch Infos, Fotos, Verknüpfung, Videos, Warenbewegungen (siehe www.facebook.com – schon Mitglied? Gemeldet am 16.09.2009). Und es gibt inzwischen eine Vielzahl virtueller Welten, die über ihre „Einwohnerschaft“ hinaus kaum bekannt sind. Dem Phänomen als solchem widmet der Autor seine Aufmerksamkeit – und die der Leser.

Für viele Nutzer ist das Teilnehmen an Scheinwelten eine Chance, dem eigenen Leben neue Akzente zu  geben, siehe die Quadrologie von xxx „Otherland“. Andere finden eine Möglichkeit, Geld zu verdienen – um anderen Spielern Level, tools oder Einrichtung zu erarbeiten, die über mehr Geld als Zeit verfügen. Sogar echtes Geld innerhalb des Spiels ist zu verdienen – und zu ergaunern, wie der Autor ausführlich berichtet. Wie in der wirklichen Welt? Interessant ist dabei (auch), wie die Welten funktionieren – also aufgebaut sind und sich organisieren. Hier Auszüge zu Linden Lab, die Second Life betreiben (S. 150ff.): „Um eine Gesellschaft zu errichten, benötigt man ein Fundament für die  künftige Struktur: eine Verfassung, einen Senat, einen Guru… und Community-Standards, …eine Art Grundgesetz. Die sollen eine Genossenschaftskultur fördern, die nicht auf Rechtsprechung, sondern auf Vermittlung beruht.“ – Selbstorganisation also, ein interessantes Spielfeld für viele Trainingsansätze! „Rolegames“ werden übrigens die MMOGs auch genannt – also: Rollenspiele…

Wie wirken virtuelle Welten, was bewirken sie? Auch die Gewaltdiskussion rund um Computerspiele greift der Autor auf und führt sie weiter. Aspekte wie Pädophilie und allgemein Schutz von (minderjährigen) Teilnehmern werden besprochen, ebenso die Rolle multinationaler Konzerne, die auch „dort“ mithilfe hoher Investitionen sich Räume gesichert haben („Inseln“ bei Second Life zum Beispiel). Verlage sind aktiv, es gab sogar eine eigene SL-Tageszeitung aus dem Springer-Verlag (Der Avatar, inzwischen eingestellt). Entsteht Suchtverhalten, ziehen sich Spieler mehr und mehr aus ihrer realen Welt in die virtuelle zurück (jedenfalls bei WoW wohl weniger – hier treffen sich viele Spieler gruppenweise persönlich). Welche Auswirkungen haben technologische Ansätze virtueller Welten in der Realität? „Das Berlin-Brain-Computer-Interface ist eine mit Elektroden gesprenkelte Badekappe, die Menschen ermöglicht, allein mithilfe des Geistes zu tippen.“ (S.340) Das erinnert an die bereits vorhandene Weiterentwicklung früherer Anzüge zur Übertragung eigener Bewegungen auf den Monitor, die Nintendo geleistet hat, um die Playstation Wii als virtuelles Sportgerät zu forcieren…

Auch dies noch: „James Lovelock, der Umweltbiologe, der den Begriff „Gaia“ für die Biosphäre der Erde geprägt hat, ist der Meinung, dass virtuelle Welten zu einer Lösung im Kampf gegen den globalen Klimawandel beitragen könnten.“ (S. 349) Also weniger Reisen zum Beispiel, siehe den Trend zu virtuellen Konferenzen, auf SL jenseits üblichen Videoconferencings!

Welche Fragen ergeben sich daraus für uns Weiterbildner?

  • Virtuelle Lernräume nutzen – eLearning, WBT, CBT usw. usf. – das Thema wird die GABAL-RG Franken beim Symposium Ende Oktober 2009 aufnehmen, im Rahmen eines Teilnehmer-Slots.
  • Sind das relevante Werbeplattformen für unsereinen? In-Game-Advertising wird heiß diskutiert und schon vielfach genutzt – allerdings von Großunternehmen: Da ist schon mal die Cola-Flasche integriert oder es gibt Plakatflächen an Häuserwänden.
  • Wird mehr und mehr Kommunikation über virtuelle Welten laufen, mit Nutzung externer Software und Speicherplätze, auf fremden Servern? Seien es eMails, Live-Chats, Datenaustausch – siehe „Unified Communications“ in Verbindung mit „user generated content“… Web 2.0 also!
  • Virtuelle Welten sind mehr als Second Life & Co.: Twitter als Kommunikations-Raum, Facebook als Erlebnisraum, Xing als virtuelles Filofax wird um mehr und mehr Apps erweitert (applications, also Nutzanwendungen – Sie kennen das vielleicht vom iPhone…) – was bedeutet das für uns?

Nun, lassen Sie sich anregen, auch zur Diskussion, etwa in der GABAL-Gruppe auf Xing! – HPR

Hanspeter Reiter