Die vierte Moschee
Autor | Ian Johnson |
Verlag | sonstige |
Seiten | 360 Seiten |
ISBN | 978-3-608-94622-2 |
Preis | 22,95 |
Die steht am Rande Münchens und gilt als die weltweit wichtigste nach Mekka, Jerusalem und Istanbul! Eine lange Geschichte hat sie, die zu Nazi-Zeiten begann und in die jüngste Gegenwart reicht – bis hin zu Verbindungen zu den Attentätern von 911. Wie so häufig, hatten auch hier US-Geheimdienste ihre Finger im Spiel, in Verbindung mit Nazi-Halbgrößen in der Zeit der jungen BRD und mit Radio Liberty, ebenfalls in München ansässig. Hintergrund war der Versuch, Muslime aus Sowjetrepubliken im Kalten Krieg als Bollwerk gegen den Kommunismus aufzubauen: „In diesen frühen Analysen des islamischen Potentials tauchen auch Mende und seine Leute auf. Im April 1951 bekam die CIA von einem Informanten an einer angesehenen amerikanischen Universität einen Bericht, dem zufolge Mende … eine wichtige Denkfabrik aufbaute.“ (S. 94) Wie an vielen anderen Stellen der Welt spielten Geheimorganisationen immer jene Karte, die gerade passte, siehe mit Irans Schah, Afghanistans Taliban oder Iraks Sadam Hussein: Gegen die Sowjetunion gerichtet und/oder Erdöl-Zugang zu sichern, so etwa Präsident Eisenhower 1957: „Ich plädiere immer dafür, den Glauben an Gott im Widerstand gegen den atheistischen Kommunismus als unseren gemeinsamen Nenner zu betrachten.“ (S. 159) Hmm …
Der Autor hat die Entwicklung im Hin und Her verschiedenster Gruppierungen recherchiert, soweit Unterlagen verfügbar und einzusehen sind. Immer ging es um Politik, Religion war offenbar sekundär, wie auch bei den Gastarbeitern seinerzeit: „Zuerst spielte Religion keine wichtige Rolle im Alltag der muslimischen Gastarbeiter. Manche Firmen berücksichtigten den Glauben ihrer neuen Mitarbeiter und richteten die ersten Gebetsräume ein, wie 1965 etwa die Firma Mannesmann in Duisburg. Die Arbeiter stellten ihre Imame selbst …“ (S. 243) Als dann nach vielen Jahren die Moschee auf dem Oberwiesenfeld wirklich gebaut worden war (in der Nähe der Schuttberge …), diente sie offenbar weiterhin mehr politischen denn religiösen Aktivitäten: „Bald tauchten weitere Hinweise auf die Bedeutung der Moschee auf. Im Jahr 1990 behauptete ein Islamexperte, dass von der Münchner Moschee aus die Politik für die gesamte muslimische Welt formuliert wurde, was ihm eine scharfe Rüge vonseiten der Al-Islam einbrachte.“ (S. 254)
So führt die Geschichte der „Vierten Moschee“ aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs (Heißer Krieg) durch jene des Kalten Krieges hin zum Modernen Krieg. Und handelt von „Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus“, so der Untertitel. Denn, so ein Rezensions-Zitat, „ohne die Moschee am Rande Münchens ist der Aufstieg des Islam in Deutschland und Europa künftig nicht mehr zu erzählen.“