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Die Sprachen des Paradieses

Autor Maurice Olender
Verlag Kadmos
ISBN 978-3-86599-195-9

In seinem Vorwort schreibt Markus Messling (S. 7ff.): „Die Relevanz des Buches war in einer auf den Nationalsozialismus bezogenen Aufarbeitungskultur unverkennbar und besherte auch der deutschen Erstausgabe Ausverkauf.“ Nach über 20 Jahren erscheint nun eine neu editierte, die allerdings stark an die damalige Übersetzung angelehnt ist (siehe editorische Notiz). Dieses Vorwort ist eher ein Einführung und Einordnung: „M.O.s Studie … kommt aus der großen französischen Schule anthropologischen Denkens und hat ihren intellektuellen Hintergrund bei … Mythologen und Religionswissenschaftler … und Orientalisten …“. Um ein Hin und Her von Religiösem und Sprachlichem geht es denn auch, natürlich um Hier und Dort, Für und Wider, je nach Blickwinkeln: „Und mag die Sprache der Semiten auch unter schweren grammatischen und syntaktischen Mängeln leiden, so ist sie doch durchdrungen von ihren erhabenen Ursprüngen und bewahrt die Erinnerung vom ersten Erwachen der Menschheit bis zu ihrem Bewusstwerden. Für die Sprache wie für die Religion drückt der Nullpunkt den maximalen Umfang aus, der die Entfaltung des „monotheistischen Instinkts“ beherrscht hat.“ (S. 94) Es geht ums Erforschen des Ursprungs von Sprache und damit auch einer Art Debatte darum, welche nun das Ursprüngliche eher wieder gebe – vom Autor dargestellt u.a. durch „die Diskurse Max Müllers“ (S. 134f.), auch mit Bezug auf Charles Darwin. Sein Kapitel „Die Geheimnisse der Schmiede“ (S. 190ff.) leitet er so ein: „Die Bibel hat ohne Unterlass das ganze 19. Jh. Hindurch die neuen indoeuropäischen Urkunden heimgesucht. So blieb es nicht aus, dass die Konfrontation des Systems der ie. Sprachen mit dem der sem. Sprachen alte Kontroversen im Hinblick auf den Polytheismus der einen und den Monotheismus der anderen erneuerte.“ So geht es also um religiös-linguistischen Disput, weniger um politischen, davon abgeleitetet?! Etwas überrascht bin ich dennoch, Victor Klemperer vermissen zu müssen, siehe etwa „LTI“ Lingua Tertii Imperii in zwei Bänden. Ausnahmsweise zitiere ich mal Wikipedia: „Bereits sein Titel ist eine Parodie auf die ungezählten Kürzel aus der Sprache der Zeit des Nationalsozialismus wie BDM, HJ, DAF, NSKK, KdF etc. Klemperer erklärt dazu im ersten Kapitel: „Ein schönes gelehrtes Signum, wie ja das Dritte Reich von Zeit zu Zeit den volltönenden Fremdausdruck liebte: Garant klingt bedeutsamer als Bürge und diffamieren imposanter als schlechtmachen. (Vielleicht versteht es auch nicht jeder, und auf den wirkt es dann erst recht.)“ Er kommt zum Ergebnis, dass die Sprache in der Zeit des Nationalsozialismus die Menschen weniger durch einzelne Reden, Flugblätter oder Ähnliches beeinflusst habe als durch die stereotype Wiederholung der immer wieder gleichen mit nationalsozialistischen Vorstellungen besetzten Begriffe.“ HPR

Hanspeter Reiter