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Die Entzifferung der Schmetterlinge

Autor Stefan aus dem Siepen
Verlag dtv
ISBN 978-3-423-14208-3

„Ein melancholisch-humorvoller Roman über einen Nachfahren des Eichendorffschen „Taugenichts““ interpretiert der Verlag selbst dieses Buch. Als liebenswerter Anti-Held lässt Nauten (der immer mit Nachnamen genannt wird) das Leben an sich vorüber ziehen – und dann aufs Neue auf sich zukommen. Weiß er früh, dass er nicht weiß, was er werden will, während seine Mitschüler Pilot oder Feuerwehrmann werden wollen, wird er vom Studenten der Alten Sprachen nach des immer distanzierten Vater´s Tod gezwungener Maßen zum Versicherungssachbearbeiter, weil seine Mutter ihm das Studium nicht länger finanzieren kann, dann zum Kellner in einem Szene-Café, um sich schließlich parallel dazu sich aufs Entziffern der Schrift auf Schmetterlings-Flügeln und anderem Getier zu entwickeln. All das fesselt ihn nur zeitweise und meist aus pekuniären Gründen. So scheint er schließlich im von der inzwischen ebenfalls verstorbenen Mutter ererbten Häuschen auf Wangerooge seine Bestimmung gefunden zu haben, nämlich: Nichtstun, verbunden mit Frieren im Winter und Sonnenbräunen im Sommer. Doch ist seine Bestimmung letztlich eine andere, wenig überraschend … Dabei war er auf bestem Wege, doch noch etwas aus den rudimentär gewonnenen Erkenntnissen seiner Studienzeit zu machen, wollte er doch schon mit 15 mit einer Geheimschrift reüssieren (S. 61). Und nach der Scheidung seiner kurzen Ehe hatte er endlich wieder Zeit, sich in sich zurück zu ziehen in sein gewohntes Schweigen, wie schon zum Schluss des Zusammenlebens mit der Frau, die er für seine große Liebe gehalten hatte: „Der Bauchredner gibt vor, nicht zu sprechen, tut es in Wahrheit aber doch; er dagegen gab vor zu sprechen, während er in Wahrheit schwieg.“ (S. 150) Und so findet er immer wieder neue Ansätze von „Schrift“ auf den Flügeln diverser Schmetterlingsarten: „Die Natur hatte schon vieles hervorgebracht, die merkwürdigsten und wunderbarsten … Dinge. Warum sollte es ihr nicht auch möglich sein, so etwas wie eine Schrift entstehen zu lassen?“ (S. 160) Schließlich findet er sogar Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur (dieses Mal in einer Wiener Bibliothek), die seine Gedanken bestätigen: „Die leuchtend kobaltblauen Flügel … zeigen ein auffallendes Muster aus samtschwarzen Linien, das in seiner klaren und regelmäßigen Zeichnung an Schriften des Menschen erinnert.“ (S. 180) Doch entgegen der Erwartung, jetzt müsse er eigentlich durchstarten, lässt ihn eher erlahmen. Es folgt die Entlassung aus dem Job und sein Rückzug „auf die Insel“, auf der eigentlich schon vorher weilte, seiner eigenen … HPR

Hanspeter Reiter