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Die deutsche Hanse

Autor Graichen/Hammel-Kiesow
Verlag sonstige
Seiten 416 Seiten
ISBN 978-3-498-02519-9
Preis 24,95

„Eine heimliche Supermacht“, so der Untertitel – wirklich heimlich? Inzwischen existiert bereits eine „Neue Hanse“ mit 176 Mitgliedern, so die Einleitung. Mit einer Geschichte, die mindestens 650 Jahre zurück reicht, bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts, mit ersten Anklängen an die „dudesche hense“ weitere 200 Jahre früher. An der Schwelle zur Neuzeit ging es u.a. darum, Transporte zu sichern, Finanzierung zu ermöglichen und divergierende politische Interessen unter einen Hut zu bringen – letztlich: Geschäfte zu machen. Gemeinsam stärker sein, Synergien zu schaffen, die damals stark zersplitterte rechtliche Landschaft durchschaubarer zu machen: Vielleicht tatsächlich frühe erste Schritte zu dem, was später EU werden sollte?!

Hansestädte – da dachte ich zunächst mal an jene deutschen Städte mit dem „H“ vornweg im Kfz-Kennzeichen, also Bremen, Hamburg, Lübeck – später nach der Wende Rostock, Wismar und Stralsund. Doch weit gefehlt: Wenn auch die Lage am Wasser eine Rolle spielen mochte, hatten ganz andere Städte in der Frühzeit der Hanse starkes Gewicht, etwa Köln. Und war die Verbindung nach Skandinavien (Bergen) oder nach Osteuropa entscheidend für Entwicklung und Erfolg dieses Modells, das wir heute wahrscheinlich „Netzwerk“ nennen würden. Ein eigenständiges System von Vereinbarungen und Sanktionen (bis hin zur „Verhansung“, dem Ausschluss) sorgte für klare Regeln – hochprofessionell also: „Um die Mitte des 13. Jahrhunderts überträgt man diese im Ausland bewährte Form der Zusammenarbeit auf die Politik der Städte.

Die Zusammenarbeit ist im Laufe der Zeit vielerlei Veränderungen unterworften: „Der erste Schritt betrifft … die Sicherung der Handels-, insbesondere der Seewege durch gleiches Vorgehen gegen Piraten und Räuber.“ (S. 72) „Brügges Bedeutung liegt somit in der Summe der Netzwerke, die in der Stadt zusammenlaufen.“ (S. 110) „Nach innen traf man sich zu zahlreichen Versammlungen, teils unter sich, teils zusammen mit den anderen Ständen Preußens.“ (S. 168) Bei der Hanse kam es im Schnitt ca. alle drei Jahre zu einem solchen Treffen, je nach Erfordernis, mit klarer Agenda und (trotz Gleichberechtigung) häufig neu zu verhandelnder Sitzordnung, mit mehrtägiger Dauer und teils ausgiebigem Erfolge – was die Teilnehmer letztlich jeweils eine Menge Geld kostete. „Die besten Aussichten auf Erfolg sind dann gegeben, wenn sich die Interessen der Hanse mit denen der jeweiligen Territorialherren in Deckung bringen lassen. Aber letztlich erweist sich das Städtebündnis im gemeinsamen Interesse des wirtschaftlichen Erfolges im Einzelfall als sehr flexibel.“ (S. 214). „Die großen Kontore sind im Gegensatz zur Gesamthanse juristische Personen. Sie haben jeweils eine eigene Ordnung, gewählte Älterleute, ein eigenes Gericht, eine eigene Kasse und führen ein eigenes Siegel. Sie sind aber kein Mitglied der Hanse.“ (S. 264) „Es ist ein ganzes Bündel von Gründen und ihr komplexes Zusammenwirke, das zu der Schließung des Londoner Kontors, ähnlichen Ereignissen an anderen Orten und schließlich zur stillen Auflösung der Hanse führt.“ (S. 342) Anfang des 17. Jahrhunderts ist die Hanse dann „Geschichte“ … Immerhin mehr als 350 Jahre hat sie europäische Wirtschaftsgeschichte geschrieben.

„Unter Mitarbeit von Alexander Hesse“ vom ZDF ist dieser Band entstanden, das sozusagen als Co-Produzent auch auf dem Buchumschlag erscheint: Als Terra-X-Dokumentation ist reichlich Filmmaterial (90 Minuten) auch als DVD erhältlich. Gerade das umfangreiche Bildmaterial ist wohl auf diese Kooperation zurückzuführen. Es erleichtert die Reise durch Jahrhunderte und durch ganz Europa erheblich …

Hanspeter Reiter