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Der unsichtbare Freund

Autor Stephen Chbosky
Verlag Heyne HC
ISBN 978-3-453-27243-9

„Unterdrücke deine Angst. Oder sie verschlingt dich“ titelt der Rückseiten-Text höchst drohend …

Freund oder Feind?
Das ist hier ein häufig schwieriger Entscheid, wie Christopher im Crescendo des Geschehens letztlich erfahren muss. Anders als in etwa „Der unsichtbare Dritte“ (bekannt z.B. als Hitchcock-Thriller) erlebt der als Hauptperson diese Gestalt durchaus konkret, jedenfalls im Traum. Scheinbar eine alltägliche Thriller-Story mit einem Hauch Mystischem: „Die alleinerziehende Kate muss dringend mit ihrem siebenjährigen Sohn Christopher untertauchen. Das beschauliche Örtchen Mill Grove, Pennsylvania, scheint dafür ideal zu sein. Eine Straße führt hinein, eine hinaus. Ringsum liegt dichter Wald. Doch kurz nach ihrem Umzug beginnt der kleine Christopher eine Stimme zu hören. Und merkwürdige Zeichen zu sehen. Zeichen, die ihn in den Wald locken. Sechs Tage lang bleibt er spurlos verschwunden. Als er wieder auftaucht, kann er sich an nichts erinnern. Aber plötzlich hat er besondere Fähigkeiten. Und einen Auftrag: ein Baumhaus mitten im Wald zu errichten. Wenn er es nicht bis Weihnachten schafft, so die Stimme, wird der ganze Ort untergehen. Ehe sie sich´s versehen, befinden sich Christopher, seine Mutter und alle Einwohner von Mill Grove mitten im Kampf zwischen Gut und Böse.“ Genau das ist das zentrale Momentum, gespiegelt in Charakteren unterschiedlicher Gruppen, bei den (Schul-)Kindern wie den Erwachsenen.

Hölle auf Erden
Doch da steckt eine Menge mehr drin – und auch dahinter, wie einige weitere heraus gehobene Protagonisten erleben müssen: Zentral fast fundamentalistischer Katholizismus (US-Klischee, wohl leider arg treffend)s, vielerlei Beziehungs-Dramen und fehlendes Bewältigen von (scheinbar) längst Vergangenem (etwa familiäre Gewalt, Kindes-Missbrauch und Alkoholismus). Und ähnlich wie bei Stephen King (dem der Autor extra dankt, durch dessen Stories angeregt worden zu sein – und mit dem er auch den Vornamen teilt) Psi-Kräfte (primär Telepathie und Telekinese) – bis hin zu Horror-Szenarien, wenn auch in zurück haltender Schreibe. Eine Fantasie-Welt hat ihren Dauer-Auftritt, wie Leser bald bemerkt – und dennoch bleibt die Frage: Sind es schlicht Psychosen, die die handelnden Personen beherrschen – sich auswachsend in das, was als Massen-Psychose bekannt ist? Jedenfalls schwanken die Szenarien zwischen Alltags-Hölle und persönlichem Fegefeuer, typisch katholische Kirche also… Mehr als 900 Seiten lang schafft der Autor es immer wieder, Puls und Herzschlag zu beschleunigen: nix für ängstliche Gemüter. Oder positiver: weniger für abendliche Lektüre geeignet, Alp- und Angstträume zu vermeiden. Wie sie die Menschen im Roman dauerhaft begleiten… HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter