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Der Schatten

Autor Melanie Raabe
Verlag btb
ISBN 978-3-442-75752-7

„Du bringst den Tod. Du weißt es nur noch nicht“ ist die einführende Headline des Rücktitels, fortgeführt mit Fragen wie „Lastet ein Fluch auf Norah?“. Nun, das kann offenbar kaum heiter werden …

Ein Rabe von Raabe?
Pardon, doch DAS Wortspiel mir zu verkneifen… Lt. Epilog sollte der auf dem Cover abgebildete (offenbar tote) Vogel ein Mauersegler sein, könnte jedoch auch als Rabe durchgehen. Und da die bald im Text vorkommen… Apropos Text, siehe Klappe & Co.: „
„Am 11. Februar wirst du am Prater einen Mann namens Arthur Grimm töten. Aus freien Stücken. Und mit gutem Grund.“ Gerade ist die junge Journalistin Norah von Berlin nach Wien gezogen, um ihr altes Leben endgültig hinter sich zu lassen, als ihr eine alte Bettlerin auf der Straße diese Worte förmlich entgegenspuckt. Norah ist verstört, denn ausgerechnet in der Nacht des 11. Februar ist vor vielen Jahren Schreckliches geschehen.“ Es geht um ihre damalige Freundin Valerie, wie sich nach und nach heraus stellt. „Trotzdem tut sie die Frau als verwirrt ab, eine Irre ist sie, es kann gar nicht anders sein – bis kurz darauf ein mysteriöser Mann namens Arthur Grimm in ihrem Leben auftaucht. Bald kommt Norah ein schlimmer Verdacht: Hat sie tatsächlich allen Grund, sich an Grimm zu rächen? Was ist damals, in der schlimmsten Nacht ihres Lebens, wirklich passiert? Und kann Norah für Gerechtigkeit sorgen, ohne selbst zur Mörderin zu werden?“ Tendiert diese Hauptperson dazu, Böses/Schlechtes anzuziehen – oder hat sie schlicht eine Macke, sieht überall „Gespenster“? Nach und nach gibt es mehr und mehr Einblick in ihre Vergangenheit, Leser kann mit-leiden… Beginnend mit ihrer Freundin Coco, die Übles erlebt hat – worüber wiederum Norah berichtet hatte.

Ein Leben mit Herausforderungen
… hat sie, will sie wohl auch: Eine Verleumdungs-Klage hat sie am Hale, aufgrund einer wohl ziemlich einseitigen Reportage über einen Kunst-Professor mit höchst eigenwilligen Vorstellungen und Vorgehensweisen. Als Journalistin ist Norah sicher nur bedingt davor gefeit – und kriegt ihre neue Stelle im Grunde genau deshalb angeboten: Weil sie investigativ wie auch konfrontativ vorgeht. Doch sich in der für sie neuen Stadt einzuleben, fällt ihr schwer, zwischen introvertiert und neugierig schwankend… Tja, jetzt wird es schwierig: Kaum einmal machte ich mir so viele Gedanken darüber, was ich „verraten“ dürfe, Spoiler zu vermeiden. Dieser Thriller ist auf seinen mehr als 400 Seiten derart dauer-spannend – und geschickt aufgebaut… Gehört er zu den Lokalkrimis? Jedenfalls sind Stadt und Umfeld auch ins Geschehen eingebaut, siehe: Prater. Und es kommt Sigmund Freud ins Spiel, welch Wunder in Wien?! Leidet Norah unter Verfolgungswahn, zeigt sie andere Formen von ? Psychosen & Co.? Tatsächlich bleibt die eine oder andere Frage offen, auch für sie – wodurch Leser sich ebenfalls manches fragen mag. Jedenfalls: Leser freue sich auf einen mehrfach gestaffelten Plot, der auch mithilfe von quasi abgebrochenen Berichten gestaltet ist. Mit diversen Themen der Zeit, die mit Beziehungen zu tun haben, mit gesellschaftlichem Umgehen miteinander, mit Verarbeiten von Geschehnissen, die nun mal Vergangenheit sind… Und mit Kommunikation: mit anderen sprechen statt etwas in sich zu verstecken. Lese-Vergnügen mit Schauder, bei dem es extrem schwer fällt, das Buch zwischendurch mal weg zu lesen. Mir jedenfalls ging das so. Noch dazu kurz nach Halloween  … HPR

Hanspeter Reiter