Der programmierte Kunde
Autor | Werner Warmbier |
Verlag | sonstige |
Seiten | 201 Seiten |
ISBN | 3430300371 |
Preis | 19,90 |
Die moderne Hirnforschung mit ihren u.a. mithilfe hoch entwickelter Apparaturen gewonnenen Erkenntnissen hat schon vor Jahren Einkehr auch im Marketing gehalten – vielmehr: Das Marketing hat die Hirnforschung vereinnahmt. Vielerlei längst bekannte Verhaltensweisen haben neue (wenn auch wenig überraschende) Erklärungen erhalten, die sich exzellent als neue Etiketten verkaufen lassen. Das ist legitim – und in vielen Situationen tun sich Anbieter leichter, Maßnahmen zu entscheiden, weil sie nachvollziehbare, wissenschaftlich fundierte Argumente erhalten. Glaubhafter als rein psychologisch motivierte Verhaltensweisen … Aus Titeln dieser Art lassen sich gelegentlich auch Erkenntnisse für Lehren und Lernen gewinnen, anwendbar für Trainer und Berater. Auch mit dem Seitenblick darauf, dass überraschend wenig von dem, was bekannt ist, tatsächlich angewandt wird. Das gilt fürs Marketing, das gilt – mit Verlaub – auch für uns Lehrende ? …
Ein plakatives Beispiel für die Anwendung der Hirnforschung sei zitiert (S. 60): Dass wir Menschen durch Marken beeinflussbar sind, ist längst bekannt. Dass Pepsi Cola den meisten Probanden besser schmeckt als Coca Cola, wenn sie die Marken nicht kennen, ebenfalls. Eine Erklärung liefert die fMRT (funktionale Magnetresonanztomographie): „Ein Schluck aus dem Pepsi-Becher löste im ventralen Putamen, das für Gefühle der Befriedigung sorgt, eine deutlich höhere Reaktion aus als ein Schluck aus dem Cola-Becher.“ Nun wurde den Testpersonen vor dem Trinken mitgeteilt, in welchem Becher sich welches Cola befinde: „Und plötzlich fiel deren Urteil zugunsten von Coca aus. Warum das so war, zeigten die Bilder des Hirnscanners. Das Wissen um die Marke führte zu völlig veränderten neuronalen Aktivitäten. Es gab heftige Reaktionen im medialen präfrontalen Cortex. Dieses Areal des Gehirns hängt mit komplexen Denk- und Beurteilungsprozessen zusammen und spielt eine Rolle für das Selbstbild der Person …“.
Anhand der „Talking Heads“ lässt sich eine andere menschliche Reaktion infolge Verarbeitung im Gehirn zeigen: Das sind aus Wachs oder Styropor grob gefertigte Nachbildungen eines menschlichen Kopfes in Originalgröße in weißer Farbe; die ungefähre Form des Schädels genügt, anstelle der Nase gibt es eine leichte Wölbung. „Wenn auf einen solchen virtuellen Kopf von einem unsichtbaren Projektor die Filmbilder eines sprechenden Menschen geworfen werden und dazu aus versteckten Lautsprechern eine gut synchronisierte Stimme ertönt, ergibt sich eine lebensnahe Echtheit … Unsere visuelle Wahrnehmung läuft nach bestimmten Regeln ab. Wir können sie nicht außer Kraft setzen und selber definieren … So lautet die festgelegte Reihenfolge, in der visuelle Reize abgearbeitet werden: zunächst Farben, dann Formen, schließlich alphanumerische Inhalte.“ – also Texte und Zahlen. Wichtig auch für Trainings? (S.100)
Ausführlich widmet sich der Autor Fragen zu Haptik – etwa die Gestaltung von Verpackungen – und der Wirkung von Düften, die ja unmittelbar ins „Riechhirn“ eindringen: „Die Gerüche, die uns umgeben, haben sogar einen Einfluss auf unsere Lernleistung, wie eine Reihe von Untersuchungen belegt. Probanden, die lange Listen von Wörtern auswendig lernen sollten, erzielten bessere Ergebnisse, Wenn sowohl der Raum, in dem sie lernten, mit Jasmin beduftet war als auch der Raum, in dem sie das Gelernte wiedergaben. Wie sich zeigte, stellt sich der Effekt auch bei weiteren Düften ein …“ (S. 125) Weitere Erkenntnisse aus anderen Experimenten werden berichtet; nun, viele Trainer setzen Düfte ja gezielt ein, jedenfalls bei ausgewählten Themen und Methoden …