Der letzte Zeitungsleser
Autor | Michael Angele |
Verlag | Galiani |
ISBN | 978-3-86971-128-7 |
Wenn ein früherer Chefredakteur der ersten deutschen Internet-Zeitung (Netzeitung) dem Printmedium eine Art Liebeserklärung zukommen lässt, ist das schon mal eine Aussage. Noch dazu mit einem Cover à la Tageszeitung und mit Textspalten, die denen dort entsprechen, voila!
Inhaltsbeispiel, nacherzählt
„Zugegeben, nicht jeder Zeitungsleser ist so fanatisch wie Thomas Bernhard: Als er dringend einen Artikel in der NZZ lesen wollte, diese aber im heimischen Ohlsdorf nicht zu haben war, machte er sich auf nach Salzburg; aber da gab es die Zeitung auch nicht. Also ging es nach Bad Reichenhall, dann nach Bad Hall, dann nach Steyr und am Ende waren 350 Kilometer zurückgelegt auf der Suche nach dem Suchtstoff. Manchen geht es nicht unähnlich, wenn keine Zeitung zur Hand ist. Doch egal wie stark die Sucht gar nicht so weniger auch sein mag – die Vielfalt der deutschsprachigen Zeitungslandschaft, ja die Tageszeitung an sich, wird wohl nicht zu retten sein. Da geht etwas verloren.“ Ja, dem kann ich nur zustimmen – und erinnere vor allem Wiener wie auch Budapester Kaffeehäuser mit entsprechender kulturell angehauchter Leser-Frequenz …
Der Autor und „sein“ Printmedium
Michael Angele, der u. a. Chefredakteur der ersten deutschen Internetzeitung war und alles andere als neuerungsfeindlich erscheint, lässt mit wehmutsvoll wachem Blick Revue passieren, was alles verschwindet, mit laufend reduzierter Leserschaft und damit Auflage der schwarzen Kunst: „nicht nur eine Nachrichtendarreichungsform, nein – eine Kulturleistung, ja eine Lebensform.“ Erleben Sie es mit: „Das fängt bei der Umgebung an, in der man seine Zeitung zu lesen pflegt, dem Ritual, welchen Teil wann. Und geht weiter bei der durch das Blatt in Gang gesetzten (oder verhinderten) Kommunikation am Frühstückstisch – manche Ehe wäre ohne Zeitung ganz anders verlaufen. Und wie soll sich das Gefühl kosmopolitischer Weltläufigkeit einstellen, wenn man in einer New Yorker Hotellobby am Handy Spiegel Online statt die New York Times liest?“
Ausklang mit Ausblick
Dieses Buch ist mit Herzblut geschrieben, der Kern mit Scharfsinn erfasst: „Wenn einst das letzte Exemplar einer gedruckten Zeitung vergilbt und zerfallen sein wird, hat Michael Angele mit „Der letzte Zeitungsleser“ der Lebensform Zeitung schon längst ein Monument gesetzt.“ Ja! HPR