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Der Beweis meiner Unschuld

Autor Jonathan Coe
Verlag folio
ISBN 978-3- 852-56918-5

„Generation Z, rechte Denkfabriken und ein Mordfall“ nimmt den britischen Konservatismus aufs Korn, mit ausgiebigem Rückblick auf reale Politik und Seitenblick auf die USA (siehe „woke“, S. 92 z.B.): Informativ, spannend, nachdenklich machend, mit 400 Seiten.

Was bedeutet „konservativ“?
Eine gute Frage, die hier aus unterschiedlicher Perspektive „beantwortet“ wird: So gesehen, steckt auch viel Sachbuch in diesem Thriller. Der zudem geschickt konstruiert die Leserschaft auf mehrere Volten einlädt. Doch der Reihe nach: „Finstere politische Machenschaften rütteln das langweilige Leben der jungen Phyl auf: Der Journalist Christopher will einen politischen Zirkel entlarven, der in Cambridge gegründet wurde, um die britische Regierung in eine rechtsextreme Richtung zu drängen. Seine Recherchen führen ihn zu einem Kongress in einem alten Herrenhaus. Dort nehmen die Ereignisse eine unheilvolle Wendung und ein Mord passiert. Liegt das Verbrechen in der aktuellen Politik oder in einem alten literarischen Rätsel begründet? Coes neuer Roman ist schön böse, witzig und messerscharf, spielt mit Genres und zeigt, dass der Schlüssel zum Verständnis der Gegenwart oft in den dunkelsten Ecken der Vergangenheit zu finden ist.“ Jetzt-Zeit und Rückblicke sind miteinander verquickt und ergeben interessante Einblicke auf der Basis nachvollziehbarer historischer Ereignisse, etwa die Zeiten von Thatcher und Reagan (u.a. S. 40f., 247f. etc.)… Wie steht es eigentlich ums politische System in GB (S. 135ff. usw.)?

Literarisch interessant
…und heraus ragend ist dieser Thriller auch dadurch, dass es ein „Buch im Buch“ gibt: S. 176ff. in „Sag´s weiter“ werden Geschehnisse aus der Sicht eines Protagonisten als komplette eigene Geschichte vorgestellt). Darum herum gibt´s als Teil eins „Sieh hin“ und drei „Sache geklärt“ (umrahmt von Prolog 2022 und Epilog 2024), was prima die drei zentralen Sinne (neben riechen und schmecken) adressiert: sehen – hören (resp. sprechen) – tun (kinästhetisch-haptisch). Nett auch die „Innen-Sicht“ auf ein durchaus anderes Krimi-Genre: cosy-crime (S. 35f.), wenn´s hier auch Andeutungen dafür gibt. Zudem sind „Zeitungs-Ausrisse“ integriert (S. 285 z.B.). Doch natürlich geht´s primär und zentral ums Konservative – und wie aufstrebende Youngsters damit umgehen (sollten, S. 220f. etc.). Und um das britische Gesundheits-System (S. 331f.). Andererseits stellt sich mehr und mehr heraus, dass und wie Literarisches wirksam wird und mit diesen Geschehnissen verknüpft ist (siehe S. 358ff.) – und mit der einen oder anderen handelnden Person  – stopp: sonst Spoiler… Eine fein gezwirbelte Story mit vielerlei spannend aufgebauten Szenerien: unterhaltsam und zugleich informativ, lesen! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter