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Das Geheimnis des Kalligraphen

Autor Rafik Schami
Verlag sonstige
Seiten 464 Seiten
ISBN 978-3446230514
Preis 24,90

Lassen Sie sich entführen in eine völlig andere Welt – eine arabische, hier das Syrien der 1950-er Jahre: „Ein großer orientalischer Bildenbogen und ein Spiegel der syrischen Gesellschaft“. Das leistet eine vielfach verflochtene Geschichte verschiedener Personen, scheinbar unabhängig, letztlich doch zusammen fließend. Es ist die Geschichte des Versuchs, die arabische Schrift zu reformieren, gegen den erheblichen Widerstand traditionell ausgerichteter Religionsführer: Da fühlte ich mich manchmal tatsächlich an den hiesigen Versuch einer Rechtschreibreform erinnert, der kläglich scheiterte, zu meinem Bedauern – und zwar aus keineswegs linguistischen Gründen… Die noch stark bildhaft orientierte arabische Schrift spiegelt der Autor in seiner (auch in der Übersetzung so gebliebenen) bildhaften Sprache – auch ein schönes Beispiel für den Einsatz von Sprache (und Schrift – es geht um den Beruf des (Auftrags-)Schreibers):

„Er beschäftigte sich tagelang mit Sinn und Zweck eines Briefes und gab ihm genau die entsprechende Form, die die Schrift in Musik verwandelte, in eine Reiten auf einer Welle, die den Leser genau da hinführte, wo der Auftraggeber ihn haben wollte. Er fühlte sich bei seiner Arbeit sehr einem Komponisten verwandt. Schon sein Meister hatte seinen Sinn für die Musik der Schrift gelobt… Die arabische Schrift ist wie geschaffen dafür, Musik für das Auge zu sein. Da sie immer gebunden geschrieben wird, spielt die Länge der Bindung zwischen den Buchstaben eine große Rolle…“ (S. 178f.)

„Salmen lernte… aus einem kleinen Buch, das im Atelier allen Mitarbeitern zur Verfügung stand. Darin stand, dass die arabischen Buchstaben in ihrer Harmonie auf der Geometrie basieren, die der geniale Kalligraph … vor mehr als tausend Jahren erfunden hatte…“ (S. 209) „Alif, das arabische A, ist ein senkrechter Strich, und wurde von ihm als Maß für alle Buchstaben gewählt…“ (S. 260)

Am Versuch, die lange Jahrhunderte erstarrte Schrift (Rechtschreibung!) zu reformieren und damit für den Durchschnittsleser besser erlernbar zu machen, scheitern mehrere Kalligraphen – was auch mit Eigenschutz der mit einem Wissensvorsprung versehenen Schreiber zu tun hat. Auch über die Gesellschaft, Geschlechterrollen und Umgehen miteinander wird viel erzählt: „Überhaupt lernte sie eine Menge im Hammam…, auch ein Ort für Ruhe und Lachen. Dort hörte sie immer Geschichten und lernte von älteren Frauen, was in keinem Buch stand. Die Frauen schienen ihre Scham und Scheu mit den Kleidern abgelegt zu haben und erzählten offenherzig über alles…“ (S. 68)

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Hanspeter Reiter