Butcher´s Crossing
Autor | John Williams |
Verlag | dtv |
ISBN | 978-3-423-28049-5 |
Ein Hardcover vom „deutschen taschenbuchverlag“? Ja, als Originalausgabe und erstmalige Veröffentlichung in deutscher Sprache. Überraschend für einen Roman, der bereits in den 1960-er Jahren geschrieben und in den USA veröffentlicht worden war? Nun, der Erfolg von „Stoner“ mag das forciert haben – übrigens von mir auch hier rezensiert. Und eng verwoben dargestellt, sozusagen als konträrer Lebensentwurf: Dort wächst der Protagonist auf einer Farm auf, entwickelt eine starke Beziehung zur englischen Literatur und macht so seinen Weg zum Akademiker. Hier dagegen der junge Mann (Will Andrews), der die Chance einer Erbschaft nutzt, sich aus dem Harvard-Studium fort zu schleichen und sein Erwachsenwerden im Mittleren Westen versucht – eine stille Sehnsucht, die er nun realisieren kann. So sucht er sein Glück in der Ferne und finanziert eine Büffel-Jagd, geführt von einem erfahrenen Jäger, dessen Faktotum und einem erfahrenen Häuter; der Finanzier selbst wird zum „Vielseitigkeits-Mitmacher“, lernt eine Menge – und erfährt schließlich, wie schnelllebig es dort ist, in Butcher´s Crossing. Hmm, wörtlich übersetzt die „Metzger-Kreuzung“, letztlich ein Sammelpunkt für Schlächter. Weil die Büffel schlicht abgeschlachtet werden, an ihr Fell zu kommen. Wenigstens ein Teil-Nutzen für das furchtbare Tier „Mensch“, während auf den Bison-Jagden von der Eisenbahn aus Millionen Tiere schlicht abgeknallt und liegen gelassen wurden … So ist das auch eine Geschichte rigoroser Eroberungs- und Wettbewerbs-Sucht plus schierem „Vergnügen“, das die USA des 19. Jahrhunderts über weite Strecken „auszeichnet“. Und ein Bildungs-Roman ist das, auf mehr als 360 Seiten, eine Art Rollen-Finden und Mann-Werden – doch um welchen Preis? Auch hier wieder in eindringlicher, eindrücklicher und doch sehr sanfter Sprache: Selbst das Abschlachten der Büffel versteht John Williams sensationsfrei zu formulieren. Apropos, schwingt Autobiografisches mit, siehe „Williams – William“? Hmm, aus der Biografie kaum abzuleiten – evt. metaphorisch zu interpretieren? – Ein Zitat möge Sie als LeserIn verwöhnen (S. 287f.): „Überall warf das helle, neue Gras das Licht der Sonne in die schattigen Nischen unter den hohen Kiefern; ihre dunklen Stämme glommen matt im Licht, als entw[e]iche es aus dem verborgenen Innern der Bäume. Er meinte, wenn er nur aufmerksam lauschte, ihr Wachsen hören zu können …; im Waldesinnern brach ein Zweig unter dem Tritt eines Tieres, das nicht zu sehen war. Tief atmete Andrews die wohlriechende Luft ein, sie war gewürzt mit dem Duft zertretener Kiefernnadeln …“ usw. – statt „wortgewaltig“ vielleicht eher „wortgenüsslich“?! Und dabei ist das schon eine Übersetzung; man ahnt, welch Arbeit der Übersetzer gehabt haben mag … So, genug geschwätzt, lesen Sie´s einfach selbst. HPR