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Ausweg Privatschulen?

Autor Christian Füller
Verlag sonstige
ISBN 978-3-896-84077-6

„Was sie besser können – woran sie scheitern“ als Untertitel zeigt, dass der Autor (und taz-Journalist) ergebnisoffen an das Thema herangehen wollte. Dazu hat er alle Arten von deutschen Privatschulen aufgesucht und hat Schulleiter, Lehrer und Eltern interviewt. Eine zentrale Aussage: „Das deutsche Schulsystem krankt beim Entwickeln guter Schulen an einer selbst auferlegten Blockade. Es braucht daher mehr Privatschulen und Charter Schools. Schulen, die über ihr pädagogisches Konzept selbst bestimmen, ihre Lehrer einstellen und ihr Budget frei verwenden können.“ Sein Fazit: „Privatschulen sind kein Allheilmittel, aber sie geben wichtige Impulse zur Verbesserung des gesamten Schulsystems. Der Staat sollte dieses Potenzial endlich nutzen.“ Es mag diesem Buch an der Auseinandersetzung mit jener Thematik fehlen, die nach seinem Erscheinen fokussiert wurde, wenn es um Privatschulen, um Internate geht: Besteht dort eine erhöhte Gefahr für Missbrauch? Davon abgesehen, schafft Christian Füller es, einen Einblick in die Bandbreite von pädagogischen Ansätzen, finanziellem Aufwand, Einbindung in schulische Systeme und inhaltliche Fokussierung unterschiedlicher Schulen in ganz Deutschland zu geben. Damit schafft er es auch, mit Vorurteilen aufzuräumen wie „Privatschulen sind nur was für Geldige“ oder auch „Privatschulen sind die letzte Rettung für sonst Gescheiterte“. Bei der Lektüre habe ich erinnert, wie durchlässig das Schulsystem zu meiner Gymnasiumszeit (noch/schon) war: Da entschwanden Schulkameraden vom öffentlichen ins Privatgymnasium, um nach einigen Jahren gestärkt wiederzukommen. Andere stießen in der Oberstufe dazu und integrierten sich prächtig: gute Zeichen, wie ich meine! Konkrete Beispiele liefert ein Dutzend porträtierter Schulen, darunter übrigens auch zwei staatliche, sozusagen zum Vergleich. Dass der Autor Journalist ist, zeigt sich am reportagenhaften Charakter des Buches – und das tut dem Thema durchaus gut. Kommen doch Betroffene / Beteiligte selbst zu Wort, kann sich LeserIn identifizieren oder indirekt in Diskurs mit den Zitierten gehen. Und wer als Eltern(teil) Rat und Empfehlung sucht, bekommt zwei Zusatzhilfen: Eine Art ausformulierte Checkliste, einen Leitfaden „Worauf Sie bei der Wahl einer Privatschule achten sollten“ – und ein ausführliches Webverzeichnis für Schulen unterschiedlichster Art, unter privater / konfessioneller Trägerschaft, Ersatzschulen oder andere. Immerhin besuchen derzeit an die 700.000 Schüler private Schulen, die allerdings nur 3.000 von insgesamt etwa 40.000 Schulen ausmachen – sieben Prozent gerade mal! Doch die Verteilung über Bundesländer und Gemeinden ist höchst unterschiedlich, was auch mit der Finanzierung zu tun haben mag: Staatliche Zuschüsse, Vereine und Gebühren vonseiten der Eltern … Wer einfach eine eigene Meinung zu diesem Thema finden möchte, setze sich zudem mit Füller´s „Zehn Thesen zu Privatschulen im Bildungssystem“ auseinander! – HPR

Hanspeter Reiter