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Aristoteles – Lehrer des Abendlandes

Autor Hellmut Flashar
Verlag C.H. Beck
ISBN 978 3 406 64506 8

Auf der Rückseite des Buchumschlages heißt es unter anderem, das Buch sei „eine Einladung, Leben und Werke des bedeutendsten Philosophen der Antike kennen und verstehen zu lernen.“ Die aufmerksame Lektüre bietet indes noch mehr: Der Leser erkennt, warum und inwiefern es noch und vielleicht gerade heute bereichernd ist, aristotelische Denkstrategien, analytische und synthetische Denkbewegungen ebenso ethische und empirische Überlegungen, Herleitungen, Begründungen zu kennen.

„Gerade“ heute, weil das Ausmaß an undifferenziertem Denken und rascher moralisierender Gefühlsäußerung enorm gewachsen ist und der Nutzen an logischer Gedankenführung weitgehend an Glanz eingebüßt hat. Aristoteles kann, obgleich erfahrungs-geerdet, uns vorführen und lehren, warum es des Glanzes bedarf – ganz zu schweigen von seinem Ideal, das Leben philosophisch zu führen und Theoria als höchstes Gut zu feiern.

Hellmut Flashar, emeritierter Klassischer Philologe und Herausgeber der deutschen Aristoteles-Ausgabe, gelingt es, den Leser für die Lebens- und Gedankenwelt des großen Geistes einzunehmen – unaufdringlich, in freundlicher und einer Sprache, die mit philosophischem Jargon sparsam umgeht und daher auch Personen gleichsam ins Buch hineinziehen kann, die von der philosophischen Antike noch wenig wissen und kennen. Dazu trägt auch der Bezug zu sowohl dem jeweiligen Umfeld des Aristoteles bei, also eine historische und zuweilen soziokulturelle Einordnung, die den Autor Vermutungen äußern lässt, die bestimmte Entscheidungen des Philosophen nachvollziehbar(er) machen. Leben und Werk bleiben aufeinander bezogen, auch dann, wenn sich der Fachmann mit einzelnen Werken beschäftigt. Er bringt die Fragestellungen des Philosophen dem heutigen Leser oft auch dadurch nahe, dass er sie aus der Gegenwart formuliert und sozusagen in die Vergangenheit zurückbiegt; auch andersherum plausibilisiert Hellmut Flashar, welche Erkenntnisse, Argumente, Fragen noch immer nicht nur gültig, sondern wichtig sind, um schlussendlich das Zusammenleben von Menschen möglichst „demokratisch“ und tugendhaft zu gestalten – als entscheidende Bedingungen der Möglichkeit.

Die Rundreise nimmt ihren Ausgang bei den Lebens“wegen“ des Aristoteles, führt über Rezeptionsgeschichte (Kapitel 2 und – mit anderem Akzent – Kapitel 13) zu einzelnen Werken des Philosophen und damit zu den Themen Ethik, Politik, Rhetorik Poetik, Logik, Sprache, Dialektik/ Argumentation, Metaphysik und Physik, Naturwissenschaften (Kapitel 10 und 12) sowie Psychologie als Lehre von der Seele. Der Anhang ist reichhaltig mit Anmerkungen, Literatur und Register.

Aristoteles Vermächtnis ist keineswegs eurozentrisch, sondern schließt Okzident und Orient zusammen. In dieser Hinsicht ist seine Wirkung weit gestreut, das Denken und Handeln fast global aristotelisch fundiert, mindestens infiziert, `mal mehr, `mal weniger ausgeprägt. Etwas mehr als Bonmots zu kennen, empfiehlt sich also – und deshalb wünsche ich diesem Buch weitere Auflagen!

Regina Mahlmann