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Am Anfang war das Gefühl

Autor Antonio Damasio
Verlag Siedler
ISBN 978-3-8275-0045-8

„Der biologische Ursprung menschlicher Kultur“ nimmt Bezug auf die alte Diskussion um nature or nurture – und gibt ihr eine neue Wendung.

Gefühl ist die Basis von allem
… so lässt sich grob zusammen fassen, was der Autor präsentiert, basierend auf jahrelanger Forschung. Ein Wechselspiel von Körper und Geist ist es, was die Evolution des Menschen prägt: „Wie ist der Mensch zum Menschen geworden – und wie ist all das entstanden, was wir Kultur nennen? Der weltbekannte Neurowissenschaftler Antonio Damasio hat eine verblüffende Erklärung: Nicht Verstand und Intellekt, sondern die Gefühle haben dabei die entscheidende Rolle gespielt. Ein neuer, aufregender Blick auf die Fundamente menschlicher Zivilisation.“ Damasio spannt einen weiten Bogen von der evolutionären Anfangen des Lebens an sich bis hin zur modernen Hirnforschung. Das freut mich natürlich besonders, siehe das von mir heraus gegebene Handbuch Hirnforschung Weiterbildung … Im Zentrum: Homöostase.

Die Inhalte rund um Homöostase
Drei Teile kriegt der Leser: 1 Über das Leben und seine Regeln (Homöostase), 2 Der Aufbau des kulturellen Geistes, 3 Der kulturelle Geist bei der Arbeit. Der Stoffwechsel an sich ist, was Leben ermöglicht, mit dem Ziel, Ausgleich herzustellen. Die „H. heute“ (S. 62f.) spiegelt nur bedingt, was wir mit „Gleichgewicht“ oder „Balance“ bezeichnen. Eher „eine Triebkraft der Evolution, einen Weg zur Schaffung eines geschützten Raumes in den Zellen, in dem katalytische Kreisläufe ihre Aufgaben erfüllen“. Wobei der nächste Sprung in der Entwicklung Nervensysteme sind (S. 90ff.) – und da kommen wir schon stärker in Richtung „Gefühle“. Erinnerungen entstünden durchs verbale Übersetzen von Wahrgenommenem (S. 106ff.). Da sind wir schon bei Sprache, mit deren Hilfe wir ausdrücken, was wir empfinden. „Gefühle werden aufgebaut“ (S. 137ff.): Gesundheit vs. Stress, immer gehe es um Homöostase. Bilder im Inneren haben es uns „angetan“ (S. 170), Subjektivität ist „der erste und unverzichtbare Bestandteil des Bewusstseins“ (S. 171ff.). Entwicklung religiöser Praktiken (S. 202ff.), moralische Werte, „die auf chemische, organische und neuronale Abläufe zurückgehen“ (S. 231)… Schließlich „die unausweichliche Schlussfolgerung, dass Gefühle und Subjektivität eigenartig alte Fähigkeiten sind“ (S. 272), also die Basis für all das, was uns ausmacht – mehr Natur als Kultur. Sehr lesenswert, vielerlei Gedanken-Anstöße, auch und gerade für Weiterbildner jeglicher Couleur!! HPR

Hanspeter Reiter