Skip to main content

Alles für Allah

Autor Nina Schulz, Heinko Heinisch
Verlag Styria
ISBN 978-322-215029-6

„Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufspringen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Heime und die Gläubigen unsere Soldaten.“ – so zitieren Nina Scholz und Heiko Heinisch den türkischen Dichter und Politiker Ziya Gökalp, mit Hinweis darauf, 1998 von Erdogan in einer Wahlkampfrede programmatisch benutzt zu haben – durchaus passend zur Aufforderung, Muslime in der Bundesrepublik Deutschland möge viele Kinder gebären. Solche, an Deutlichkeit und Klarheit nicht übertreffbare Formulierungen zu Strategie und Programm des politischen Islams finden sich in dem Buch zahlreiche, von Vertretern unterschiedlicher lokaler, national und international agierender Organisationen – eingebettet in das erklärte Programm der Unterwanderung mit dem Ziel, die demokratische Gesellschaft abzuschaffen zugunsten einer islamgemäßen, an der Scharia orientierten Gesellschaft. Im Zentrum steht die Muslimbruderschaft, der auch der türkische Präsident verbunden ist.

Wie real diese bereits in Gang befindliche Entwicklung ist, zeigt aktuell ein Interview mit dem Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, geführt von Thomas Thiel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11. November 2019, S. 15.

Der Untertitel des Buchs von Nina Scholz und Heiko Heinisch verweist allgemein darauf, wie insbesondere der politische oder legalistische Islam die deutsche Gesellschaft verändert, präziser: unterwandert und den Marsch durch die Institutionen längstens angetreten ist.

Wie aktuell und brisant die faktischen politischen und kulturellen Beeinflussungen bereits sind, belegen die Autoren eindrucksvoll nicht nur mit Schwerpunkt auf Österreich und Deutschland, sondern zeigen auch internationale Vernetzungen offizieller und privater deutscher, österreichischer, international, vermeintlich liberaler Organisationen, Aktivitäten einzelner Personen und staatliche Alimentierungen auf. Historischen Herleitungen befördern das Verständnis der strategischen Anlage der politischen Strategie der Mimikry über einzelne Länder hinweg.

Das auf diesem Feld ausgewiesene Expertenteam konzentriert sich auf den legalistischen, politischen Zweig und dokumentiert gleichzeitig diverse Verbündungen, programmatische Verflechtungen von Gewalt, offiziellen Aufrufen dazu und der Anwendung von smart power (mit dem Fokus auf Bildung, parteipolitisches Engagement, Engagement in vermeintlich sozialen Hilfevereinen etc.) seitens islamistischer Repräsentanten und unterschiedlichen Organisation auf mikro-, meso- und makropolitischer Ebene.

Die Sensibilisierung für die Gefahr, die von dieser smarten Politik scheinbarer Anpassung an und an und Befürwortung von Strukturen und Werten demokratisch verfasster, kulturell liberaler Gesellschaft ausgeht, ist seit kurzem gestiegen.
Insbesondere die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Neue Zürcher Zeitung, ebenso das Magazin Cicero haben dazu einschlägig publiziert, etwa Gilles Kepel: Der neue Dschihad und seine Mentoren – ein Beitrag in der FAZ vom 17.10.2019, der sich auf Frankreich bezieht; oder der Aufsatz von Nina Scholz und Heiko Heinisch „Die europäische Mission des politischen Islams“ in der FAZ vom 12.09.2019; genannt sei schließlich noch der Beitrag von Rudolf Steinberg, der die „Islamisierung Deutschlands und Europas“ nur insofern ein Fragezeichen anstellt, als er den Hauptblick weniger auf etwa die Muslimbruderschaft legt als auf salafistische Strömungen (FAZ 10.10.2019); man lese auch die Ausführungen von Kacem El Ghazzali 20.9.2019: Ich kritisierte den politischen Islam und die Identitätspolitik. Und plötzlich galt ich als «rechts». Warum eigentlich? Mit dem Abstract: „Die Welt steht gerade ziemlich kopf: Atheistische «Progressive» verteidigen die Freiheit der Frau, sich zu verschleiern. Reaktionäre Islamisten jubeln ihnen zu. Beide agitieren gegen den bösen «weissen Mann». Und wer nicht mitmacht, ist «rechtsradikal». Auf der Strecke bleiben: Aufklärung und freies Denken.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/islam-und-identitaetspolitik-kritik-ist-legitim-und-nicht-rechts-ld.1509319. Der Wochenzeitung „Die Zeit“, die seit Jahren mit einer Rubrik „Islamophobie“ (einer psychopathologischen Zuschreibung also und Stützung des Opferdiskurses seitens islamischer Verbände) sei entgegengehalten das von Judith E. Innerhofer geführte Interview mit dem Autorteam Nina Scholz und Heiko Heinisch: Islamismus: „Das Kopftuch ist das Signal“ am 20. März 2019, ZEIT Österreich Nr. 13/2019,.
Genannt seien noch zwei aktuelle Bücher, eines von Samuel Schirmbeck und ein anderes von Susanne Schröter. Samuel Schirmbeck ist Autor des Buches: Gefährliche Toleranz: Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam Gebundenes Buch – 21. September 2018, der aufzeigt, inwiefern „die deutschen Linken“ einer kritischen, religions- und ideologiekritischen Auseinandersetzung mit dem Islam nicht nur ausweicht, sondern mit Verweis auf den Beitrag zur „Buntheit“ der Gesellschaft Kritik tabuisiert, diabolisiert und sich damit aufklärerischer Debatte verweigert. In dasselbe Horn der Aufklärungsverweigerung, Romantisierung, Kulturrelativierung und Verharmlosung bläst etwa auch Pascal Bruckner mit dem Aufsatz: „Imaginärer Rassismus. Der Vorwurf der Islamophobie macht Kritik am Islam unmöglich. Das ist gefährlich, gerade für Muslime.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/islamophobie-imaginaerer-rassismus-ld.1287872. Dort zu finden etwa dies: „Zudem wird mit einem revisionistischen Taschenspielertrick versucht, aus jedem Muslim wesensmässig ein Opfer zu machen, dessen Los jenem der Juden in den 1930er und 1940er Jahren entspricht. Der Begriff «Islamophobie» ist also eine massive Einschüchterungswaffe, um die offene Debatte zu verbieten und das Infragestellen geltender Dogmen zu verhindern. Er fungiert in erster Linie als Werkzeug der internen Unterdrückung jener liberalen Muslime, die es wagen, ihren eigenen Glauben zu kritisieren, und die eine Reform der maghrebinischen Familienkodizes fordern, die Geschlechtergleichheit, das Recht auf Abfall vom Glauben oder auf den Wechsel des Glaubens, die Freiheit, während des Ramadans nicht zu fasten oder Rituale nicht auszuführen.“
Die in die Richtung von Nina Scholz und Heiko Heinisch laufende Kritik der Ethnologin Susanne Schröter am politischen Islam und damit expressis verbis auch am Moscheeverband DITIB findet man in einem von Marie Lisa Kehler geführten Interview zum Erscheinen des Buches vom 18.10.2019 unter dem Titel: Kritik am politischen Islam: „Ich bin alles andere als eine Islamfeindin“ (https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/ethnologien-kritisiert-moscheeverband-ditib-16438336.html#void).

Diese Hinweise mögen verdeutlichen, wie brisant das Phänomen ist, dass es wissenschaftlich kundig belegt und durchdacht wird, und somit ein solides Fundament existiert, das dazu nötigt, ideologische Scheuklappen abzulegen und politische Weichenstellungen neu zu justieren, sowohl in Bezug auf finanzielle und andere Unterstützungsleistungen, als auch auf mediale Präsenz der Thematik als auch auf politische Maßnahmen zur Gefahrenabwehr für unsere Demokratie, ebenso wie zur Unterstützung jener muslimischen Personen und Organisationen, die einen liberalen, aufklärerischen Weg verfolgen und dabei durchaus auch Drohungen und Gewalt erleiden.

Das Autorentandem beginnt in dem Buch mit einer „Bestandsaufnahme“, die den Rahmen markiert. Die folgenden zwei Kapitel beschreiben die Bedeutung des Konzepts „Politischer Islam“, skizzieren die Herausforderungen, denen sich insbesondere verharmlosende, romantisierende, kulturrelativierende Stimmen in liberalen Gesellschaften zu stellen haben und leiten Gegenwärtiges aus historischen Entwicklungen der „Islamisierung der islamischen Welt“ her.
Die Verbindung von Entwicklung von Status Quo wird in allen Kapiteln beibehalten, um Sachverhalte, Argumentationen zu verstehen und zu belegen. Jedes Kapitel wird eingeleitet durch mindestens ein Zitat von Repräsentanten des politischen Islams oder Textquellen und den Beleg, dass diese Zitate strategisch programmatischen Stellenwert und Handlungsaufforderungen enthalten. Als Hauptakteure werden herausgestellt Verbünde von islamistischen Organisationen, Islam-Lobbyisten im Umfeld von DITIB, Millis Görus
Das Repertoire der Belege, wie ernsthaft, strategisch, smart der Marsch durch Institutionen und in sie hinein als Weg zum Ziel der Errichtung einer islamischen Gesellschaft durch Abschaffung der demokratischen verfolgt wird, ist breit und greift Schlagworte auf, die gleichzeitig dazu dienen, die legalistische, politische Strategie von lokalen, nationalen, internationalen islamischen Einrichtungen und ihre Gegnerschaft gegen demokratische Werte aufzeigen, etwa Identitätspolitik, Meinungsfreiheit, Parallelgesellschaften, aber auch Antisemitismus und Ideologie der Gewalt (und ihre Verflechtung mit smart und cultural power-Strategien).
Die Ausführungen untermauern den Befund: „Ein zentrales Anliegen islamiischer Organisationen ist eine gesellschaftliche Sonderstellung des Islam, der mit einer Teilhabe am demokratischen System bei gleichzeitiger Segregation von der Mehrheitsgesellschaft einhergeht“ (S. 19), flankiert vom Opferdiskurs, der von Medien, kulturellen, politischen und sozialen Milieus gefördert wird; dazu gehören finanzielle und andere Zuwendungen und Bevorteilung seitens der deutschen Regierung auf Bundes-, Landes-, Kommunenebene ebenso wie die erfolgreiche Indoktrination der vermeintlichen Besonderheit und besonderen Schutzbedürftigkeit islamischer Religion und Traditionen, mit eingebauter Verunglimpfung von Kritik.
Zum Beispiel der „Kampfbegriff“ (S. 96) „Islamophobie“ : Psychopathologisierung, Installation der „Diktatur der Beleidigten“ (S. 96), Entzug der kritischen Diskutierbarkeit, auch durch Gleichwertigkeit zu Konzepten Rassismus und Antisemitismus (96): „Dass der Begriff heute zum Teil auch von Medien (wie „Die Zeit“) und Politik verwendet wird, kann als Erfolg der islamistischen Strategie betrachtet werden. Die Quintessenz der Auseinandersetzung um die Meinungsfreiheit hat der österreichische Journalist Michael Prüller prägnant formuliert: „Wenn die Idee der demokratischen Freiheit gewinnt, wird sein och immer ziemlich viel Islam zulassen. Wenn der radikale Islam gewinnt, bleibt aber von der Freiheit nicht mehr viel übrig.““ (S: 100).
Ähnlich bei „Islamfeindlichkeit“, eine Generalisierung kritischer Argumentation, programmatische Verwurzelung von Beleidigtsein, Kollektivabgrenzung, Verunglimpfung liberaler Muslime und deren Strömungen, normative Abwertung bis Tabuisierung.
Die Autoren verfahren bei alldem nicht blind gegenüber innerislamischen Dissonanzen. Sie argumentieren differenziert, belegen Thesen mit der Besetzung(spolitik) islamischer Organisationen, Aktivitäten in den Bereichen Kultur und Bildung, mit islamischen Texten, deren Autorität sie jeweils herleiten und begründen; das gleiche gilt für Zitate von Repräsentanten und politisch-islamistische Netzwerke und Diskursdiktate (Definieren, wie was wer über bzw. zum Islam formuliert und auch: wie die oberflächliche Opportunitätsstrategie gegen den abzuschaffenden demokratischen Strukturen und Werten zu fahren sei).

Die Autoren belegen nachvollziehbar die Naivität, ideologische Blindheit, Unterwerfungsvarianten seitens seitens öffentlich-rechtlicher, regierungsamtlicher Taten und Verhaltensweisen auf politscher, kultureller und der Ebene künstlerischer Aktivität und weisen immer wieder darauf hin, dass auch in Deutschland zahlreiche Medien den Dispositiven der in Rede stehenden islamistischen Interessen und Verbänden im Umfeld fundamentalistischer, konservativer Islamverbände und -strömungen wie der Muslimbruderschaft, DITIB, Milli Görres erliegen (z.B.: 56ff, 87ff, 145ff).

Das Buch sollte von jedem einzelnen Politiker gleichsam inhaliert werden – als Anregung, weitere Lektüre in diesem Bereich zu lesen und als Grundlage für Anregungen, Maßnahmen zur Rettung unserer demokratischen Werte und Verfasstheit.

Zur Lektüre seien ferner politisch Interessierte und Engagierte aufgerufen, gerade auch jene, die es sich in ihrer ideologischen Blase gemütlich gemacht haben und kontroverslos bis dato vorzugsweise im eigenen ideologischen Milieu verharren.

Regina Mahlmann