Agiles führen – Führungskompetenzen für die agile Transformation
Autor | Stefanie Puckett, Rainer M. Neubauer |
Verlag | BusinessVillage |
ISBN | 978-3869804330 |
Agile Management-Methoden haben inzwischen, aus Amerika kommend, auch in deutschen Unternehmen Einzug gehalten. Doch warum überhaupt agil werden, kann nicht alles einfach so bleiben wie bisher? Nein, natürlich nicht.
Seit wenigen Jahren ist agiles Führen eine der bestimmenden Vorstellungen vom Führen einer Organisation. Angefangen im IT-Bereich hat sich der Trend nun auch in anderen Unternehmensbereichen etabliert. Motor und Antrieb, darauf weisen die Autoren zu Beginn hin, war dabei maßgeblich die digitale Transformation der Arbeitswelt, welche als digitale Disruption längst weite Teile des Wirtschaftslebens erfasst hat. Gut gefällt mir dabei, dass dies auch anhand einfacher und/oder bekannter Beispiele wie z.B. Teamentwicklungsprozessen logisch aufgezeigt wird. Ohne die Mitarbeiter zu dominieren, übernehmen agile Führungskräfte dabei übergeordnete Teamaufgaben um damit positiv und zielorientiert zu wirken. Das heißt, und auch darauf weisen die Autoren hin, dass Führung durch digitale Transformation eben nicht überflüssig gemacht wird, sondern in weitgehend selbstorganisiert agierenden Hochleistungsteams eher lateral, also nicht an eine hierarchische Struktur gebunden, wahrgenommen wird.
Stattfinden soll das Arbeiten in einer offenen und interdisziplinären Atmosphäre, wo man sich gegenseitig gerne hilft, sein Wissen teilt und Konkurrenzdenken einem losen Netzwerkdenken Platz gemacht hat. Machtkomponenten sind weitestgehend entfallen und im Idealfall motivieren sich alle gegenseitig und entwickeln Methoden, wie sie noch effizienter Ihren Arbeitsauftrag gestalten. Der Traum jeder Geschäftsführung, aber ein weiter Weg im Unternehmensalltag.
Bremser sind oft die Führungskräfte selbst, auch darauf weist das Autorenteam hin. Eine agile Führungsperson sollte sehr gut mit seinen eigenen Kompetenzen und Verhaltensweisen, aber auch Defiziten umgehen können, das ist die Quintessenz der Autoren. Dieser Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen war in der alten Unternehmenswelt zwar nützlich, aber keineswegs notwendig. Konflikte konnte eine Führungskraft gerne auch kraft seiner Position einfach im Keim ersticken.
Agiles Führen heißt aber Entscheidungen kommunizieren, die alle aus Überzeugung mittragen und das bedeutet sich Gesprächen und Debatten zu stellen. Scrum ist eine von mehreren Methoden, die im Buch als richtungsweisend näher vorgestellt werden. Im Mittelpunkt steht der Kunde und Dreh- und Angelpunkt der agilen Methode ist das Empowerment des Teams, das heißt sich der Sache verschreiben, eine neue Offenheit pflegen und Silo-Denken in Form von alleinigem Expertenwissen, zugunsten einer Wissensteilung aufgeben.
Auch das HAVE-Modell, welches sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht schließt daran nahtlos an, hat sie doch als eine unter mehreren Quellen agilen Führens auch die Bescheidenheit entdeckt. Eine sehr gute Möglichkeit sich bezüglich der eigenen Agilität einmal selbst zu hinterfragen sind die sehr empfehlenswerten Selbsttests im Buch. Gerade was diese eher psychologischen Aspekte im Buch anbelangt, kann man auch selbstreflektiert hier viel für die eigene Praxis mitnehmen, Stichworte wären hier Selbstführung und das Leben einer Fehler- und Feedbackkultur. Auch hier sind die vielen aktuellen Beispiele mit Unternehmensbezug wichtig und hilfreich für die Einordnung. Im letzten Buchabschnitt geht es dann wieder vermehrt um organisatorische Fragen und der Einsicht, das Change Prozesse eben kein Hundertmeterlauf, sondern eher etwas für die Mittelstrecke sind und Abläufe in Unternehmen durchaus auch kontinuierlich/evolutionär und nicht nur disruptiv ablaufen müssen.
Fazit:
Inhaltlich überzeugt das Buch vollständig, schafft es doch Anregungen, z.B. über „Das Manifest für agile Organisationsstruktur“, die eigenen Verhaltensweisen zu hinterfragen und sich weg von der klassischen Hierarchie mit ihrer Strukturorganisation auf das „Wagnis“ Agiles Führen einzulassen.