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Autor | Klaus Theweleit |
Verlag | Matthes & Seitz |
ISBN | 978-3-7518-0331-1 |
„Die Erfindung des Vokalalphabets auf See, die Entstehung des Unbewussten und der Blues“ analysiert auf 450 Seiten unterhaltsam-erzählerisch die Geschichte der Vokale…Um die Literatur gebührlich aufzuarbeiten und die Thesen fürs Entstehen des Vokal-Alphabets trefflich abzuwägen, arbeitet der Autor mit langen Passagen zitierter Texte.
Alles Vokale – und nur das
…ist nur scheinbar das Thema, denn natürlich sind diese Laute als Bedeutung unterscheidend verbunden mit den Konsonanten zu sehen, die zunächst ausschließlich verschriftet wurden – resp. zu hören … Nun, „wer hat es erfunden, das Vokalalphabet? Kam es aus der Donaukultur nach Süden, brachten es die Phönizier auf ihren Handelsrouten mit, oder hat es seine Wurzeln doch in den semitischen Sprachen des Nahen Ostens? War es gar Homer, der es im Alleingang erschuf, als er die Illias und die Odyssee dichtete? Klar ist, dass sich um 800 v. Chr. das Vokalalphabet vom östlichen Mittelmeerraum ausgehend durchsetzt. In vielen Kulturtheorien sind Alphabetisierung und Demokratisierung aufs Engste verknüpft: Die massive Reduktion der nötigen Zeichen bei enormer Ausweitung des mit ihnen Ausdrückbaren stellt in ihnen einen Umschlagpunkt der Geschichte dar. Präzise und angriffslustig zugleich nimmt Klaus Theweleit die Fäden auf. Das Vokalalphabet, so seine spekulative Rekonstruktion, ist eine Erfindung von griechischen Händlern und Piraten, die auf keinen festen Heimathafen mehr zusteuern konnten. Auf stürmischer See trägt der Vokal einfach besser. Die im Versmaß des Hexameters memorierten Epen wurden zum zentralen Mittel der Kommunikation von Zugehörigkeit. »Die Erfindung des Vokalalphabets – auf See« ist eine rasante Reise zu den Ursprüngen der europäischen Kultur.“ Und hat viel mit Musik zu tun, was nahe liegt: Vokale sind stimmhaft… Letztlich führt das weiter gedacht an den „Anfang von allem“ an Sprache: Ist sie aus Gesang entstanden – fragt (sich) der Linguist …
Wie hört sich das an?
Ob Musik/Gesang oder rhythmisches Gebet, beim Bilden von Silben sind Vokale mit entscheidend. Dem geht der Autor nach, wenn er etwa den Blues als modernes Beispiel heran zieht, wie das hexematrische Singen der antiken Griechen zu einem eigenen Lebensgefühl geführt haben mag (S. 126ff. Black Music) – und deren Meeres-Fahrten im Rhythmus von Ruder und Gesang mit ähnlichem Ablauf beim Schiffs-Verkehr auf dem Mississippi vergleicht. Doch natürlich ist mehr geboten, in diesem Dutzend Kapitel (von 0. bis XI): ABC (die Katze lief im Schnee) * Mykene und Seevölker * Seefahrt, dich singe ich * Geniestreich versus kollektive Durchsetzungskraft * Hexameter piloto mayor * Lautstromabteiler Mensch * Black Music * Codierungen. Politik mit Liebe * Tempelbauten. Spielhäuser * Tragische Routen (1) Troianer in Sarajewo * (2) Griechen auf Lehrstühlen * Notre Music – die Gewaltförmigkeit unserer Kultur. Jedenfalls also kam natürlich das Hören (und damit das Sprechen) vorm Schreiben. Weshalb es dort zunächst genügte, die Konsonanten zu notieren, lässt sich aus dem Beschriebenen auch ableiten… Die ausführlichen Anmerkungen zu lesen, sei es betont empfohlen (S. 203ff.), bringen Sie doch zusätzlich vertiefende Erkenntnisse – etwa zum Herleiten als altgriechische Quelle (Homer & Co, S. 225ff.). Übrigens reichhaltig bebildert, Töne quasi in Farben übersetzend, mit Verzeichnis S. 273ff. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de