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Der wahnsinnige Kaiser

Autor Harry Sidebottom
Verlag WBG Theiss
ISBN 978-3-534-61036-5

„Elagabal und der Niedergang Roms“ und „der skurrile Priesterkaiser“ erläutern näher, was auf 400 Seiten an Inhalten folgt… Die integrierten Seitenhiebe gen Sex scheinen allerdings eher potenzieller Sensations-Lust geschuldet – nur vielleicht 30 Seiten sind darauf fokussiert, erfreulicher Weise…

Die Geschichte Roms
…entwickelt der Autor umfassend und durchaus detailreich anhand dieses einen „Kurz-Kaisers“ und macht vielerlei Aspekte der damaligen Zeit und Gesellschaft erlebbar: „8. Juni 218 n. Chr. Ein 14-jähriger syrischer Junge, angetrieben von seiner Großmutter, führt ein Heer in die Schlacht gegen die Truppen des amtierenden römischen Kaisers Macrinus. Wider Erwarten ist er siegreich: Varius Avitus Bassianus, heute bekannt als Heliogabalus oder Elagabal, wird zum Kaiser ausgerufen. Die vier Jahre seiner Herrschaft suchen ihresgleichen in der römischen Geschichte: Er brüskiert die konservative Führungsschicht und befördert Männer niederer Herkunft in hohe Ämter. Er erschüttert die römische Staatsreligion, indem er Jupiter durch den Sonnengott seiner Heimatstadt Emesa ersetzt. Er heiratet eine Vestalin, hat Sex mit Frauen wie Männern und prostituiert sich sogar. Legendär sind seine extravaganten Gelage. Harry Sidebottom erzählt mitreißend die Geschichte von Elagabals Aufstieg und Scheitern. Gleichzeitig vertieft er vor dem Hintergrund der Biografie Fragen, die für die römische Kaiserzeit zentral waren. Er diskutiert Themen wie Rassismus und Identität, Sexualität, Religion und Macht und widmet sich auch der bunten Rezeptionsgeschichte, die Elagabal erfahren hat.“ Und in der offenbar manches (vieles?!) gar erfunden wurde, teils bewusst Narrative zu erzeugen – wie auch anderes vergessen werden sollte, wie seinerzeit nur zu üblich (und auch schon bei den ägyptischen Pharaonen – und nun in heutiger Zeit auch wieder…).

Einblick, Rückblick und Ausblick
…ist ebenfalls geboten, schon beginnend beim Gründungs-Mythos (S. 60ff.) über Kriegsführung anhand des gegebenen Beispiels und zu unterschiedlichen Zeiten (S. 100ff.) hin zur kaiserlichen Organisation mit Tross auf Reisen, Steuern, Korruption & Co. (u.a. S. 152ff.). Sehr interessant die Analyse des Umgangs mit den vier „Wählergruppen“ für die Kaiser: Senat, Plebe der Stadt Rom, Armee und die familia Caesaris (das Personal im Kaiser-Palast), im Detail S. 127ff. und als wichtigen Aspekt fürs Scheitern dieses speziellen Kaiser. Der es jedenfalls „bestens“ verstand, „das Volk“ mithilfe riesiger, ausschweifender Feste zu unterhalten, die naturgemäß vor allem extrem viel Geld kosteten (S. 212f., S. 257ff. etc.), fürs Catering und für exotische Tiere vor allem. Informativ auch das Nachwort des Verfassers (S. 335ff.) – und für alle, die´s vertiefend mögen, der ausführliche Anhang (Zum Weiterlesen S. 341ff., Literatur S. 347ff. und die Endnoten S. 367ff.) – sehr wissenschaftlich fundiert geschrieben, zugleich auch für unsereins interessierte Laien gut lesbar! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter