Zusammenarbeit
Autor | Richard Sennett |
Verlag | Hanser Berlin |
ISBN | 978-3-446-24035-3 |
„Was unsere Gesellschaft zusammenhält“ analysiert der berühmte Soziologe aus seiner durchaus linken Sicht, denn: „Wie können Menschen, die sich sozial, ethnisch oder in ihrer Weltanschauung unterscheiden, zusammenleben und zusammenarbeiten? In einer immer mehr von Konkurrenz und Ungleichheit geprägten Welt ist dies für R.S. die Schlüsselfrage“, so der Buchumschlag. Und hat jedenfalls hohe Relevanz für alle, die sich mit Weiterbildung befassen, seien sie Auftraggeber, Führungsverantwortliche und/oder Ausführende, also Trainer – Berater – Coach – „Dozent“ … Von der Einleitung „Kooperation als Grundhaltung“ (? des Menschen generell) geht es über „Kooperation gestalten“ (S. 55ff.) und „Geschwächte Kooperation“ (S. 181ff.) hin zu „Gestärkte Kooperation“ (S. 267ff.) als durchaus optimistischem Ausblick. Neuzeitliche (und dennoch Jahrhunderte alte!) (Alltags-)Diplomatie bildet für den Autor den Rahmen seiner Analysen, Gedanken, Interpretationen und zieht sich durch alle Kapitel hindurch, mit wiederholten Verweisen. Zentral ist zudem seine Differenzierung von dialektischer versus dialogischer Kommunikation – platt (von mir) zusammen gefasst die Aussage inkludierend, dass Zusammenarbeit (= Kooperation) nur mit Dialog möglich ist, weil Dialektik wenig(er) mit Zuhören zu tun hat denn mit den (die) Anderen zum (nur) eigenen Ziel hin lenken wollend. Auf bald 400 Seiten bringt der Autor die Arbeitswelt in enge Bezüge zu Politik, Staat, Religion und Individuum „versus“ Gruppe, siehe etwa mit „Das soziale Dreieck: Die Erosion der sozialen Beziehungen in der Arbeitswelt“: Wechselseitiger (wenn auch widerwilliger) Respekt von Arbeitern und anständigen Vorgesetzten – Kommunikation der Arbeiter untereinander über Probleme und Abschirmen vor Schwierigkeiten – Aufrechterhalten der Gruppenleistung durch solidarisches (Mit)Arbeiten. Gerade in Zeiten der Finanzkrise sei eben dieses soziale Dreieck aus den Fugen geraten (S. 203). Hoch interessant des Autors wiederkehrendes Zusammenführen von Kommunikation und Handwerk: Rituale, stumme Absprachen, andeutendes Verhalten gehören über die Jahrhunderte zu unterstützenden Formen der Kommunikation, wie sie sich etwa in den Salons des 18. und 19. Jahrhunderts (bis ins 20. Hinein) abspielten: „Die Ethnographie des sozialen Dreiecks zeigt sowohl eine Verbindung als auch einen Unterschied zur Frühgeschichte der civilité, also zivilisierter Umgangsformen. Die Verbindung liegt in der Tatsache, dass civilité damals wie heute ernsthafte Aufmerksamkeit für andere Menschen bedeutete.“ (S. 240) „Die moderne Anthropologie … zeigt, dass die Kultur eine wichtige Rolle bei der Ausformung jener Gesten spielt, die Darwin für unwillkürliche Reflexe hielt.“ (S. 278) Oder eine aus der Diplomatie kommende Technik des Schlichtens (Mediation, Konfliktklärung): „Die Technik stützt sich auf die Formel: „Mit anderen Worten, Sie sagen also …“ Der Schlichter wiederholt die Aussage dabei nicht einfach, sondern lässt auch anliegen und Interessen der Gegenseite in seine Paraphrasierung einfließen und erschließt dadurch eine gemeinsame Grundlage für die Verhandlung … “ (S. 306; auch Sokrates habe dies bereits angewandt und sich damit „verhört“, also die Inhalte verändert). Auch Gordon kommt ins Spiel, dazu vielerlei Literatur – und Kooperation in israelischen Kibbuzim. Sie sehen, wohin den Leser diese Inhalte führen? Jede Art von Weiterbildung, die in irgendeiner Form mit Kommunikation zu tun, ist von diesen Gedanken betroffen. So nutze sie Trainer …, eigene Inhalte, Methoden und Kommunikation zu reflektieren. Und die eine oder andere von des Autors Ideen als Anhalt fürs eigene Gestalten und Umsetzen in Form von Seminar, Workshop, Führung …