Die Schwester des Ketzers: Propheten der Apokalypse

„Täufer-Saga: Die wahre Geschichte der süddeutschen Täufer“ nun mit dem Folgeband 2, annähernd 550 spannende wie informative Seiten umfassend.

Religion und Gesellschaft
…sind gerade hier und in diesen Zeiten eng verwoben, wenige Jahre nach Luthers Auftreten und Verboten und Sehnsüchten darum herum! Das Autoren-Duo/-Paar schafft es auch in dieser Fortsetzung, historische Fakten trefflich in eine spannende Handlung zu gießen, die teils gar Lokalkrimi-Züge annimmt: Intrigen, Mord und Totschlag, Raub und Betrug gibt´s wechselnd – und Beziehungs-Dramen, doch letztlich mit einem zumindest teilweisen happy-ending, soviel sei gespoilert  … Nun, darum geht´s: „Im Jahr 1527 hallen Luthers Thesen immer noch wie Donnergrollen durchs Land, und der Bauernkrieg hat weite Teile Süddeutschlands verwüstet. Inmitten dieses Chaos’ kämpfen Anna Schuster und Lenz Kirchperger ums Überleben, gejagt von den Häschern des bairischen Herzogs und als Ketzer gebrandmarkt. Ihre Flucht führt sie in die Reichsstadt Memmingen, wo sie auf ein neues Leben hoffen. Doch die dunklen Schatten ihrer Vergangenheit holen sie ein und zwingen Anna, nach Augsburg zurückzukehren, wo sie erneut in den Bann der Täuferbewegung gerät. Da die Stadt einem Pulverfass gleicht, ist der Stadtrat fest entschlossen, die Täufer ein für alle Mal zu vernichten. Anna schwebt in höchster Gefahr, und Lenz sieht nur einen Ausweg: Er muss alles aufs Spiel setzen, um die Frau zu retten, die er liebt.“ Wie sehr Religion Menschen und deren Schicksal beeinflusst, wird mehrfach überdeutlich – erst recht, wenn radikale Wiedertäufer das Ende der Welt in wenigen Monaten vorhersagen, als Propheten der Apokalypse eben…

Historisches unterhaltsam nacherzählt
…erschließt sich der Leserschaft, denn „„Die Schwester des Ketzers“ entführt Sie in eine Welt voller Intrigen, Liebe und verhängnisvoller Geheimnisse. Finden Anna und Lenz ihre Freiheit oder verlieren sie sich in den Wirren der Geschichte? Eine packende Reise in eine Zeit des fundamentalen Umbruchs erwartet Sie!“ Und durchaus auch mal harter Tobak, wenn´s ums Foltern geht etwa, was gefassten Täufern jedenfalls droht. Ziel: Sie sollen revocieren, um (auch!) dann entweder auf dem Scheiterhaufen hingerichtet oder aber mindestens auf viele Jahre verbannt zu werden… Und generell drakonische Strafen, etwa für Betrug (S. 395f., Handabschlagen z.B.). Auf der anderen Seite die fein analysierte Kommunikation von Missionaren der Täufer mit Interessierten, sie zum Konvertieren zu überzeugen (S. 218f. usw.) – oder die Voraussetzungen, Beisitzer zu werden, Bürgerrechte an einem Ort zu erhalten plus in eine Zunft aufgenommen zu werden (Lenz in Memmingen, u.a. S. 416f.): Alles bestens recherchierte und hier locker erzählte gesellschaftliche Normen und Geschäfts-Gebaren! – Nachwort (S. 495ff.) und Glossar (S. 501ff.) werden zudem mit (Rad-)Wandertouren ergänzt (S. 515ff.), der Roman durch Landkarten (S. 8ff.) und Personen-Verzeichnis (S. 12ff.) eingeleitet, aus dem im Übrigen auch noch hervor geht, wer fiktiv und wer historisch nachgewiesen auftritt. Die Pfaffeneders sind zudem häufig mit Lesungen im Landkreis und darüber hinaus unterwegs, siehe https://liccaratur-verlag.de/. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter